“Allgemein schlechte Prognose” und das Bundesversicherungsamt

Sie, das Inten­sivkind hätte halt nur eine “all­ge­mein schlechte Prog­nose”, so ver­stand ich es jet­zt auch im Schreiben vom Bun­desver­sicherungsamtes, und dadurch entspräche die Ablehnung der BKK für Heil­berufe der gel­tenden Recht­slage. Nun, liebe Leser, kom­men wir zu der Frage, was ist eine “all­ge­mein schlechte Prognose”?

Eine Prog­nose ist eine ärztliche Beurteilung über den möglichen Ver­lauf ein­er Erkrankung, also ob diese heil­bar ist und wie weit sie das Leben beein­trächti­gen wird oder sog­ar gefährdet. Also eine gute Prog­nose beste­ht dann, wenn die Erkrankung heil­bar ist, logisch. Eine schlechte Prog­nose ist es wohl dann, wenn die Erkrankung nicht heil­bar ist. Doch wird meis­tens noch ange­fügt: Die Erkrankung verän­dert bedeu­tend die Leben­squal­ität in die Rich­tung “Beein­träch­ti­gung”. Dazwis­chen liegt natür­lich eine bre­ite Grau­zone, worin sich viele chro­nis­che Erkrankun­gen “tüm­meln”, wie zum Beispiel der Dia­betes meli­tus Typ 1. Er ist nicht heil­bar, aber die Prog­nose ist so, dass man damit gut leben kann, wenn “gewisse” Spiel­regeln beachtet wer­den, wie regelmäßig Blutzuck­er messen, eine angepasste Insulinther­a­pie etc.

Zumin­d­est wäre die Frage, wenn man beim Dia­betes von schlechter Prog­nose sprechen würde, da er nicht heil­bar ist und er Langzeitschä­den verur­sachen kann: Was ist dann mit dem Erkrankun­gen, die fortschre­i­t­end sind, also der Ver­lauf der Erkrankung immer stärk­er die Gesund­heit beein­trächtigt? Hier, so meine Erfahrung, spricht man auch von ein­er schlecht­en Prog­nose. Die Erkrankung ist nicht heil­bar, wie zum Beispiel AIDS oder ein Gehirn­tu­mor. Wür­den Sie, liebe Leser, da nicht von ein­er sehr schlecht­en Prog­nose sprechen? Nun AIDS, wenn man es von Anfang mit Medika­menten behan­delt, schiebt die “Ver­schlechterung” im Ver­lauf über Jahre hin­aus, so der heutige Stand. Bei einem Gehirn­tu­mor, nun da ist es abhängig wiederum, was es für ein Typ ist, also welche Auswirkun­gen er hat auf das Gehirn und ob er “über­haupt” behan­del­bar ist. Aber eine schlechte Prog­nose stellt er in dem Sinne dar, weil er schon im Vor­feld Schä­den anricht­en kann, bevor er ent­deckt wird. Und wenn er nicht heil­bar ist, noch mehr Schä­den anrichtet, die mas­siv das Leben beein­trächti­gen und gefährden, also auch zum Beispiel Aus­fälle im Gehirn bewirken, wom­it der oder die Betrof­fene jeden Tag rech­nen muss, heute kön­nte ich ster­ben. Würde man da immer noch von ein­er “all­ge­mein schlecht­en Prog­nose” sprechen?

Ich denke: Nein. Die ärztliche Beurteilung wäre wohl eher: “Es ste­ht sehr schlecht um ihn oder ihr.” Und was hat das mit dem Inten­sivkind zu tun?

Nun die ärztliche Beurteilung bedeutet auch dort, dass sie sich “spon­tan” schnell ver­schlechtern kann und eines “unvo­r­angekündigten” Todes ster­ben kann, jed­erzeit. Entspricht dies dem Bild ein­er “all­ge­mein schlecht­en Prog­nose”? Dazu zählt noch: Was hat denn das Inten­sivkind über­haupt für eine Leben­squal­ität gegenüber dem “Nor­mal”. Sicher­lich, der Ver­gle­ich hat seine Tück­en, da die Leben­squal­ität immer vom sub­jek­tivem, vom Erleben des Lebens von dem Betrof­fe­nen selb­st abhängt. 

Aber kurz gesagt: Sie ist ein­fach schlecht, denn wenn ein gesun­der Men­sch plöt­zlich schw­er krank wird und inner­halb von einem oder zwei Jahren so rapi­de abbaut auf die gesund­heitlichen “Stand” vom Inten­sivkind, wie der aus­geprägten Epilep­sie, der gestörten Atmung, der Spastik etc., dann würde man sicher­lich sagen oder eher fra­gend fest­stellen: “Es geht ihm ja sehr schlecht. Hat er über­haupt noch eine Lebensqualität?”
Dazu kommt eben noch das “Todesurteil”. Es kann plöt­zlich ganz schnell gehen, ein heftiger Fieber­an­fall und der Tod tritt ein.

Also reicht es denn zu sagen: Sie bekom­men keine Hos­pizpflege, da sie nur eine “all­ge­mein schlechte Prog­nose” haben. Nein, es reicht nicht. Der Begriff “schlechte Prog­nose” geht sehr in die Bre­ite. Für die Hos­pizpflege gilt deshalb eben die Frage: Befind­et sich der Betrof­fene in einem Pal­lia­tivs­ta­di­um und ist der Tod baldigst zu erwarten, also in den näch­sten Monat­en, wobei diese Erwartung bei einem Kind nicht so eng begren­zt sein muss, laut den Richtlin­ien der ambu­lanten Palliativversorgung.

Darum hat für uns der MDK diese Frage für die Beurteilung der Hos­pizpflege unzure­ichend beant­wortet beim Inten­sivkind. Deshalb haben wir Wider­spruch ein­gelegt und uns ans Bun­desver­sicherungsamt gewen­det, weil die BKK die Hos­pizpflege auf­grund der MDK-Aus­sage ablehnt: Er, dieser Arzt, meint, es gäbe nur dann Hos­pizpflege, wenn das Kind in der Final­phase wäre, also in den 72 let­zten Lebensstun­den. Das greift sog­ar laut den Rah­men­verträ­gen für die Erwach­se­nen­hos­pize zur kurz.

Nun, das Bun­desver­sicherung half dem Wider­spruch “sozusagen” auch nicht ab. Hinzu meint der Sach­bear­beit­er, die Aus­sagen aus den Richtlin­ien für die spezial­isierte ambu­lante Pal­lia­tivver­sorgung seien nicht auf die sta­tionäre Hos­pizpflege anzuwen­den. For­mal richtig, da es zwei ver­schiedene “Ver­sorgungsarten” sind. Doch gel­ten für mich die Punk­te: a.) Bei uns gibt es keinen ambu­lanten Kinder­hos­piz­di­enst und auch ist er nicht immer aus­re­ichend b.) Es gibt für Kinder­hos­pize keine Richtlin­ien oder Rah­men­verträge und c.) In den genan­nten Richtlin­ien wer­den grund­sät­zliche Aus­sagen besprochen, wie eben, dass Kinder auf die ambu­lante Hos­pizpflege zur Kris­en­in­ter­ven­tion Anspruch haben, auch wenn ihre prog­nos­tizierte Lebenser­wartung länger ist, also dass ihr Tod nicht unbe­d­ingt in den näch­sten Monat­en oder Wochen zu erwarten sei. Der Hin­ter­grund: Kinder über­leben häu­fig ihre Prog­nose, selb­st bei Krankheit­en mit schwierigem Ver­lauf und Ärzte geben hinzu ungern solche “engen” Prog­nosen ab für den baldigen Tod, denn dies würde auch bedeuten, ins­beson­dere bei einem Kind mit einem Tumor, man würde ein­er weit­eren Behand­lung keine Chance geben, was aber falsch sein könnte.

Und wie geht es weit­er? Ein­mal haben wir Klage beim Sozial­gericht ein­gere­icht, aber es muss sich auch poli­tisch etwas “bewe­gen”, finde ich. Es müssen endlich Verbindlichkeit­en zwis­chen den Kinder­hos­pizen und den Krankenkassen geschaf­fen wer­den, also Rah­men­verträge. Somit habe ich mich jet­zt an die Patien­ten­beauf­tragte vom Bund gewen­det. Bringt dies was? Nun viel Hoff­nung set­ze ich darin nicht, ins­beson­dere wenn man bedenkt, dass das Schreiben unser­er Selb­sthil­fe­gruppe an sie über die Prob­leme mit der Phys­io­ther­a­pie in den inte­gra­tiv­en Kindergärten bish­er ohne Antwort geblieben ist, was gut vor zwei Monat­en an sie raus­ging. Deshalb wird das Schreiben eben nicht nur an sie geschickt.

Und ein Gerichtsver­fahren dauert eben min­destens zwei Jahre, in der ersten Instanz. In zwei Jahren kann das Inten­sivkind gestor­ben sein und somit müsste eine schnellere Lösung her, zumin­d­est für die zukün­fti­gen Aufen­thalte, denn es ist nicht zu erwarten, dass die Krankenkasse es “plöt­zlich” anders sieht oder die Erkrankung beim Inten­sivkind jet­zt plöt­zlich meint: Ich habe auf deine Gehirn­fehlbil­dung keine Lust mehr und stoppe den Ver­lauf, mache dich gesund.

Kat­e­gorie: 



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