Krankenkasse: Schlupfsack, Eigenanteil und gescheiteter Widerspruch

Wie erwartet, der Wider­spruch zum Win­ter­schlupf­sack wird auch vom Wider­spruch­sauss­chuss der BKK für Heil­berufe abgelehnt. Die näch­ste Instanz ist nun, vor­raus­sichtlich, das Sozial­gericht. Aber dafür geht es erst­mal zum Rechts­bei­s­tand vom Sozialver­band. Dabei denke ich, das Urteil S 18 KR 537/02 vom Sozial­gericht Dres­den bildet für die mögliche Klage einen guten Boden. Ins­ge­heim hat­te ich aber gehofft, dass sie unseren Eigenan­teil um die 50 Euro ansiedeln wür­den. Dieses hät­ten wir auch akzep­tiert. Und das Echt­fell, unseres Wis­sens nach die bessere Wärmeisolierung und Deku­bi­tus­pro­phy­laxe, wird hier­bei weit­er­hin abgelehnt.

Nun das Fell wird abgelehnt, da der MDK meint, die wichtig­ste Maß­nahme für die Deku­bi­tus­pro­phy­laxe seien Lagerungswech­sel. Dem stimme ich auch zu. Doch das Prob­lem ist nur, wenn ich mit dem Kinde in die City fahre und über drei Stun­den unter­wegs bin, kann ich kein Lagerungswech­sel durch­führen im Bug­gy. Dieses gibt ein Reabug­gy genau­so wenig her wie ein Roll­stuhl. Ein weit­ere genan­nter Punkt für die Ablehnung des Fells vom MDK ist, da es für den Ein­satz, mit dem Ziel Deku­bi­tus­pro­phy­laxe, keinen Nach­weis zur Wirk­samkeit gäbe. Richtiges Daten­ma­te­r­i­al, da scheint es wirk­lich zu man­geln und doch wird es aus Erfahrung durch Pflegekräfte und der Hil­f­s­mit­telver­sorg­er emp­fohlen. Meine Mei­n­ung für den Ein­satz des Echt­felles beruft sich auf die “Ver­mu­tung” der besseren Druck­verteilung und des besseren Wärme­haushaltes auch bei wärmeren Tem­per­a­turen als beim Webpelz. Doch an sich soll­ten Echt­felle auch nur bei direk­ten Hautkon­takt angewen­det wer­den, da sie dort “erwiesen­er” Maßen eine Proh­phy­laxe vor dem Wun­dau­fliegen schaffen.

Was mich aber noch merk­würdig stimmt. Nach diesem Gutacht­en vom MDK hät­ten wir den Wider­spruch aufrecht erhal­ten. Wie bitte? Wir wur­den gar nicht angeschrieben, dass dies Gutacht­en jet­zt beste­he und wie wir uns dazu äußern wollen, also ob wir noch auf das Echt­fell beste­hen mit der Beurteilung vom MDK e.V..
Dann hät­ten wir zwar den Wider­spruch aufrecht erhal­ten, aber vielle­icht hät­ten wir nicht mehr auf das Echt­fell gepocht.

Im wei­t­erin Ver­lauf des Schreibens meint die BKK für Heil­berufe, dass sie nur 125,- Euro zu zahlen, da die Spitzen­ver­bände der Krankenkassen es so fest­gelegt haben. Die Krankenkasse hat dann aber nach unseren ersten Wider­spruch den Zuschuss auf gute 160,12 Euro erhöht, da dieser Betrag die Kosten für den speziell an den Bug­gy angepassten Schlupf­sack berück­sichti­gen würde und ein Stan­dard­schlupf­sack für gesunde Kinder kostet durch­schnit­tlich 165,94 Euro (einen Preis denn wir nicht nachvol­lziehen kön­nen, siehe auch oben: Sozial­gericht Dres­den). Damit liegt unser Eigen­teil für den Webpelz nun bei 165,94 Euro (326,06 — 160,12). Dies haben wir jet­zt zu tra­gen. Ein Grund für ihre weit­ere fehlende Erhöhung des Zuschuss­es sei: der Win­ter­schlupf­sack übernehme auch die Funk­tion der Klei­dung. Ich bleibe da lieber bei mein­er Argu­men­ta­tion: Er gle­icht den Bewe­gungs­man­gel durch die Behin­derung aus, mehr nicht. Denn wenn die Behin­derung nicht beste­hen würde, bräuchte sie keinen Schlupf­sack. Schließlich müssen wir die Madame auch im Schlupf­sack käl­te­gerecht anziehen, wie jedes andere Kind auch. Sie sitzt da nicht nur in Unter­hose drin bei minus zehn Grad.

Das andere, was mich mit am meis­ten stört, ist, wenn ein Schlupf­sack für 125,- Euro an den Rehabug­gy passen würde, hät­ten wir gar keinen Eigenan­teil zu zahlen. Und das ist für mich der Punkt, wo die Krankenkasse ihrer Sach­leis­tung nicht gerecht wird. Denn andere Schlupf­säcke für diesen Preis passen nicht an den Bug­gy, son­dern nur die speziell dazu gehören­den Zuber­hörteile und da kostet der Win­ter­schlupf­sack aus Webpelz eben 326,06 Euro. Vielle­icht ist er ein paar Euro beim anderen Händler bil­liger, aber es geht hier nicht um ein paar Euro.

Auch bietet ein Stan­dard­sack nicht die Vor­rich­tun­gen für die Fix­a­tion (Sitzhose, Fuss­fes­seln). Sie müssten also noch nachge­baut wer­den, was sicher­lich auch gut über die 125,- Euro dann geht. Damit wird die indi­vidu­elle Anpas­sung, welche bed­ingt ist durch die Erkrankung und der Behin­derung, zum Luxus, zur Last des Behin­derten selb­st. Wenn er sich dies nicht leis­ten kann, dann gibt es eben keinen Schlupf­sack, keine Teil­habe am öffentlichen Leben, kein Einkaufsbummel.

Neben diesen wurde als weit­er­er Grund für die fehlende weit­ere Kostenüber­nahme genan­nt, dass ein Schlupf­sack bis zum vol­len­de­ten 3. Leben­s­jahr des Kindes ein Gebrauchts­ge­gen­stand des täglichen Lebens sei. Kann sein, deshalb wären wir mit einem real­is­tis­chen Eigenan­teil um die 50 Euro auch zufrieden gewe­sen, aber eben nicht mit über 165,- Euro für den Webpelz oder von über 225,- für das Echt­fell. Auch, da wir zu der Zeit des Antrags noch ALG-II beka­men, und uns niemals, also mit einem nicht gehbe­hin­derten Kind, einen Sack von über 50 Euro gekauft hät­ten, son­dern diesen sog­ar eher aus zweit­er Hand uns besorgt hätten.

_Fazit:_ Laut dem Schreiben wur­den zwei MDK-Gutacht­en erstellt, eines sog­ar mit Haus­be­such (zwar nicht offen­sichtlich, da die MDK-Ärztin es bei der Begutach­tung der Pflegestufe abhan­delte). Da stellt ich mir eher die Frage, auch noch durch den Ver­wal­tungsakt “Wider­spruch­sauss­chuss”, ob dieses ganze Ver­fahren nicht weitaus mehr gekostet hat bish­er als der Win­ter­schlupf­sack aus Echt­fell. Ich sage, bish­er, denn wenn die Klage kommt, diese angenom­men wird vom Sozial­gericht und bei­de Parteien vorge­laden wer­den (eine kommt aus Düs­sel­dorf) .… Aber schein­bar geht es nicht ums Geld oder doch?

Kat­e­gorie: 



var switchTo5x=true;stLight.options({publisher:”});

2 Kommentare

  • Hal­lo DIRKSTR,
    da ich momen­tan dieselbe Her­aus­forderung wie Sie haben (BKK zahlt lediglich 125 Euro für den Win­ter­fuss­sack, wobei der Sack ins­ge­samt 350 Euro kostet), kön­nen Sie mir evtl. bzgl. Wider­spruch weit­er­helfen. Gibt es Urteile vom Sozial­gericht diesbezüglich?
    Gruß Mareike

    • Hal­lo Mareike,

      für die 125,-€ sollte ein “reg­ulär­er” Schlupf­sack erhältlich sein. Für den Wider­spruch muss begrün­det sein, warum ein Schlupf­sack notwendig ist für diesen erhöht­en Preis. Als notwendig ist der Bedarf zu nehmen, der durch die Krankheit / Behin­derung ist, also wenn der Schlupf­sack für 125,- € nicht aus­re­icht, um die Behin­derung auszugleichen.
      Ein teur­erer Schlupf­sack kann zum Beispiel notwendig wer­den, wenn dieser durch die Behin­derung angepasst wer­den muss z.B. bei Men­schen mit ein­er Spastik, wo durch den Schlupf­sack noch Fix­ierun­gen ange­bracht wer­den müssen.
      Eine andere Begrün­dung wäre, wenn z.B. an der indi­vidu­ell angepassten Sitzschale kein Stan­dard-Schlupf­sack passt, son­dern nur eine Son­der­an­fer­ti­gung / ein angepasster Schlupfsack.

      Also wichtig sind die Fra­gen im Wider­spruch zu klären:
      Reicht der “Stan­dard­schlupf­sack” für 125€ aus?
      Warum ist ein spezieller Schlupf­sack notwendig?

      In dem Forum rehakids kann z.B. in diesem Thread auch das The­ma nach lesen:

      https://www.rehakids.de/phpBB2/ptopic58072.html (eventuell gibt es bei Rehakids auch über die Suche weit­ere Beiträge)

      Mit Gruß

Von dirkstr

Kategorien

Pflegezirkus