Lebensgestaltung ein Minus zum Lebensinn

Sicher­lich, auch wenn eine Behin­derung nicht gle­ich zu set­zen ist mit ein­er Min­derung der Leben­squal­ität, so stellt sich doch die Frage, wie ist es mit dem Ein­griff in die Lebens­gestal­tung der Fam­i­lie. Lebens­gestal­tung, nun die set­zt ein Stück weit Leben­s­pla­nung voraus und bedeutet, kurz gefasst, nichts weit­er als das man den Werde­gang des Lebens selb­st in die Hand nimmt. Da fällt sozusagen das Schlag­wort “selb­st­bes­timmtes Leben”.

Denken wir darüber nach, wo von unsere Fähigkeit abhängt, unser Leben selb­st zu bes­tim­men, dann fällt uns vielle­icht zuerst ein, es sei das Geld oder aber welche Wege und Möglichkeit­en das jew­eilige poli­tis­che Sys­tem einem offen lässt. Deut­lich ein­schränken kann uns aber noch die eigene Gesund­heit. Wird man chro­nisch krank, dann kann eine lang geplante Wel­treise ins Wass­er fall­en oder man schafft es gar nicht mehr die eige­nen vier Wände zu ver­lassen. Was uns hier­bei auf­fall­en kann ist die Verknüp­fung: die Möglichkeit der Lebens­gestal­tung bildet gle­ichzeit­ig auch Lebensqualität.

 

Was macht die Lebensqualität aus?

Eine mögliche Antwort ist: Füh­le ich mich wohl in mein­er Haut mit dem was ich kann und auch will. Bedin­gun­gen sind für viele ein soziales Netz, also gute Beziehun­gen zu anderen, mehr vielle­icht noch die Anerken­nung von denen. Und da begin­nt sich der Faden zu spin­nen zum Leben mit einem behin­derten Kind. Trifft dies eine Fam­i­lie, wie uns, dann ist es mit der “geplanten” Lebens­gestal­tung erst­mal rum. Es sollte sein ein Traumkind, eine Idee, die man begraben muss, und dann heißt es noch durch den “Aufwand”, die die Erkrankung und Behin­derung schafft: die sozialen Kon­tak­te schwinden. Sagt dann noch ein Teil der Groß­fam­i­lie Ciao, was nicht sel­ten vor kom­men soll, so ste­ht man plöt­zlich alleine da. Der Tak­t­ge­ber wer­den die Arztbe­suche, die lan­gen Pflegezeit­en und die Ther­a­pi­en. Die Leben­squal­ität, sie schwindet. Der All­t­ag, er ist nicht das, was man wollte, was man jemals nur gedacht hat. Er ist vielle­icht noch weniger das, was man tra­gen kann. Aber man trägt es, da man es “irgend­wie” als eine Pflicht ansieht

Und der Lebensinn

Gibt uns etwas heute Sinn, so wis­sen wir aus Erfahrung, in ein paar Jahren oder sog­ar am näch­sten Tag kön­nen uns die Dinge, die uns bes­tim­men, wieder in einem ganz anderen Licht erscheinen, wie es so schön heißt. Vielle­icht ist dies aber auch der Schlüs­sel, um wieder Leben­squal­ität zu gewin­nen in der Sit­u­a­tion mit einem behin­derten oder schw­er kranken Kind. Würde ich nicht verneinen und doch kann ich dem auch kein voll­ständi­ges Ja geben. Es wird vielle­icht sog­ar unmöglich, da die Last, die man zu tra­gen hat, nicht geringer wird. Man kann von sein­er Auf­gabe, 24 Stun­den in 7 Wochen­t­a­gen für sein Kind zu sor­gen, nicht zurück treten. Mag sein, dass es Eltern mit einem gesun­den Kind auch nicht kön­nen. Oder doch? 24 Stun­den bedeutet bei uns in einem Stand­by zu steck­en, der eine mögliche lebens­bedrohliche Sit­u­a­tion ger­ade so ruhen lässt. Daneben gilt es immer mit Ärzten medi­zinis­che Entschei­dun­gen zu tre­f­fen, die ganz ein­deutig die Leben­squal­ität vom Kind bee­in­flussen und vergessen wir nicht den Aufwand der Pflege, jeden Tag, von mehreren Stun­den. Um für sich Leben­squal­ität zu schaf­fen, so klingt der erste Satz immer: Sorge für dich! Mache etwas nur für dich! Als ich das erste mal auf diese Phrase traf, tauchte nur die Gegen­frage auf: Was soll mir schon gut tun? Zu tief steckt man in einem Funk­tion­ieren drin, wo selb­st die Frage nach dem Sinn des Ganzen mit ein­er zweit­en Frage gekon­tert wird: Will ich dies, darf ich dies über­haupt wissen?

Sicher­lich, leichter kann es wer­den, wenn man alles in eine passende Leben­sphiloso­phie pack­en kann oder das eigene Leben, diese Auf­gabe mit der Reli­gion bindet. Aber ob es hil­ft, bleibt offen oder anders gesagt: Gelingt es einem durch diese beson­dere Lebenssi­t­u­a­tion zu wach­sen, scheint irgend­was doch richtig daran zu sein. Aber der Zweifel bleibt, ob man dies auch noch zehn, fün­fzehn Jahre lang leis­ten kann. Ist man schon die ganze Zeit aus­ge­pow­ert, dann ist es vielle­icht nur noch eine Frage der Zeit, bis der Crash kommt. Denn ein Schritt zurück treten, wie man beim Burnout rät, geht nicht. Woher soll die Hil­fe kom­men, wenn die Hür­den zu den Hil­f­sange­boten nicht über­wun­den wer­den kön­nen, da es sie vielle­icht nicht gibt, die man braucht oder aber man hat dafür keine Kraft, sich darum zu küm­mern beziehungsweise, man sieht nicht ein­mal eine Chance, das man sie in Anspruch nehmen darf. Dafür muss es einem wohl noch viel schlechter gehen.

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