Netzverbot

Ich habe es pro­biert, alles, und es hat nichts, aber auch rein gar nichts gebracht. Vierzehn ist er und seine Lehrerin meinte, wir soll­ten mal stärk­er drauf acht­en, was denn die Kids im Inter­net so machen. Klar habe ich, zuerst habe ich mir diese Fire­wall gekauft, die mit den Kinder­schutz und so. Und was man da alles find­et im Netz, Pornos, nee, nicht nur ein­fach Nack­te und das mit vierzehn. Ich musste ja den Fil­ter von der Fire­wall ein­richt­en. Frag bloß noch mal, ob ich solche Seit­en kenne.

Nee, aber ich kon­nte doch nicht alle beliebi­gen Seit­en dem Jun­gen sper­ren, aber die, die ihn und der Fam­i­lie nichts ange­hen, mussten raus, schließlich, jet­zt haben wir diese Fla­trat und so den ganzen Tag Netz, damit er auch was ler­nen könne, für die Schule und so. Inter­net, ja glaub­ste, ich war dafür, nee ich habe schon vor zehn Jahren zum Fred, der ist Tech­niker bei der Post, gesagt, das wird noch böse enden. Er hat­te gelächelt, da passiert schon nichts, meinte er, als er mir seine Web­seit­en zeigte und hat­te von neuen Geschäftsmod­ellen geredet.

Ganz klar, wo es ums Geld geht, da ist der Fortschritt und dann erzählten sie im Fernse­hen noch was von Baste­lan­leitun­gen mit Sprengstoff und so, die gäbe es im Netz. Ich hat­te nichts gefun­den, aber der Junge, der hat mir die gezeigt, ein Klick, nee da haben aber meine Alar­m­glock­en geschrillt. Heftig und wenn dann der Ver­dacht auf uns fällt, und gelacht hat der Junge, mein Fil­ter in der Fire­wall, der sei lächer­lich. Ich glaubte, ich spinne, habe nur geschluckt und den Steck­er aus der Box gezo­gen, Inter­net futsch. Nee, nicht mit mir. Aber dann waren sie alle in der Fam­i­lie sauer, Papa, haben sie gemeint, du kannst doch nicht ein­fach das Inter­net ver­bi­eten. Da fällt dann einem selb­st die eigene Frau in den Rück­en, redete was von ihrer Gruppe und so. Und dann erzählte sie mir, ohne Inter­net gäbe es dann auch kein Mit­tag mehr. Erpres­sung, klar. Sie meinte, nee, aber da ich nie ein Kochbuch bei uns wollte, da meine Mut­ter auch immer ohne gekocht hätte.

Doch dann gab es wirk­lich kein Mit­tag und ich habe mich dann geschla­gen gegeben. Was sollte ich machen. Die Kleene meinte noch, im Inter­net seien auch die ganz tollen Rezepte. Ja, aber ich hätte ihr auch ein Kochbuch gekauft. Doch die Frau, sie wehrte ab, da muss man erst­mal eins find­en. Das Inter­net lief wieder, doch dann kam die Mel­dung von irgendwelchen kaput­ten Typen, die sich im Netz als Kids tar­nen, um die anderen Kids anzuquatschen. Kaum hat­te ich es gehört, da habe ich gle­ich wieder den Steck­er gezo­gen. Danach war sog­ar das Tele­fon tot, absolute Stille. Die Frau schrie nur, aber ich habe mir die DSL-Box geschnappt und war weg.

Nee, der Junge, der soll doch mal meinen Laden übernehmen, aber wenn der dann so einen kaput­ten Typen trifft, wird verge­waltigt, da kannste sein Leben vergessen. Da heißt es dann nur noch Psy­chi­a­trie bis zum Lebensende. Nee, habe ich mir gesagt, den Großen will ich nicht ver­lieren. Inter­net, das sollte ver­boten wer­den. Und ein paar Tage später kam die Kleene anger­an­nt und plär­rte mich an, dass der Junge jet­zt mit dem Handy ins Inter­net gehe. Ich habe es dann auch gese­hen, auf der Tele­fon­rech­nung. Da habe ich dann ordentlich geschluckt. So hoch war die noch nie. Ich wollte ihm sofort das Handy ver­bi­eten, aber da hat Karl gemeint, nee, sollte ich nicht machen. Falls der Junge mal ver­schwindet oder ent­führt wird, ohne Handy, da find­est ihn nicht mehr wieder. Klar, Karl arbeit­et ja bei der Kripo, der hat da so sein Blick drauf. Ich habe dann den Großen ein Handy gekauft, ohne Inter­net, aber finde erst­mal eins. Dann musste ich ihm noch eins kaufen. Nee, nicht wegen Inter­net, aber auf dem ersten waren auf ein­mal Bilder von lauter, du weißt schon, drauf. Mein Frau hat­te es gefun­den, per Zufall, sie wäre fast zusam­mengeklappt. Als ich den Großen fragte, was das soll, hat der mich nur dumm anges­tar­rt und meinte, er könne da halt Bilder drauf laden, hat doch Infrarot.

Jet­zt hat er ein ein­fach­es, so ein Senioren­handy, was nur noch tele­fonieren kann. Aber denkste, das hätte was gebracht, kein Handy mit Inter­net, zu Hause ohne. Nee, plöt­zlich war er nicht mehr zu Hause. Er meinte dazu, er gehe doch auf die Musikschule. Dort habe ich dann mal angerufen. Nee, hieß es, mein Jun­gen, den ken­nen die nicht und die Kleene erzählte mir, sie hätte ihn im Inter­net­café gese­hen, neben der Schule. Da ver­bi­etest du zu Hause das Netz, da die Lehrerin was von Gefahr erzählt, sie kön­nten alles im Netz find­en, alles, wobei es mir dann selb­st mul­mig im Bauch wurde und dann eröff­nen die ein Inter­net­café direkt vor der Schule.

Fred hat­te es mir bestätigt und ich habe mir nur gedacht, klar, Geschäftsmod­ell nen­nt sich das. Aber was willst du machen. Ich habe dann einen Pri­vat­de­tek­tiv­en organ­isiert und der hat ihn dann ver­fol­gt. Gute drei Stun­den saß der Junge da drin, fünf Euro würde der der Spaß kosten und wo er das Geld her hat, das wüsste der Detek­tiv auch nicht. Aber er hat­te mir noch erzählt, dass auch neuerd­ings übers Netz gedealt wird. Ich star­rte ihn nur an, mein Sohn ein Dro­gen­deal­er. Nee, ich habe der Detek­tei gle­ich den Auf­trag wieder ent­zo­gen. So was muss mich mir nicht gefall­en lassen. Habe dann mit Karl tele­foniert, und dann haben wir dem Laden klar gemacht, mein Sohn hat dort kein Zutritt mehr und wenn er dort noch mal gese­hen wird, dann kön­nten sie ihren Laden dicht machen. Karl hat es den wirk­lich deut­lich gemacht.

Der Junge kam ab dem auch wieder früher nach Hause, doch er war total geknickt, hat dann tage­lang kein Wort mehr gere­det. Ich habe ihn mal gefragt, wenn er immer nur noch schweigt, ob er hier denn noch lebe? Da zuck­te er nur mit den Schul­tern. Inter­net, nee, hätte ich mir dies mal lieber nie angeschafft. Die Frau ist seit dem Aus zu Hause auch stiller gewor­den, ließ sich nicht mal mehr umar­men. Und dann plöt­zlich ging es bei­den wieder bess­er. Der neue Nach­bar, neue Fre­unde und so und sie ver­schwan­den ab dem Nach­mit­tag immer zu denen. Sie, die Frau vom Nach­bar, sei eine alte Schul­fre­undin oder so. Ich blieb lieber bei mir vorm Fernse­her mit einem guten Schluck. Den Kerl habe ich mal auf der Treppe getrof­fen, nicht mein Typ, ehrlich, kriegt nicht mal ein anständi­ges Hal­lo raus. Doch dann, plöt­zlich kommt meine Frau aus der Woh­nung vom Nach­barn rüber ger­an­nt, plär­rte mich an mit, sie reiche die Schei­dung ein. Ich fragte nur, was denn los sei, und wollte sie beruhi­gen. Sie meinte, ich hätte sie hin­terge­gan­gen, eine andere, vor zehn Jahren und dann hätte ich der noch Fotos vom Urlaub gezeigt, mit­ten im Netz, vom Großen, wo er keine vier Jahre alt war. Ehrlich, die war sauer.

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