Pflegedienst & Co: Vom Sie zum Du

Jeden Tag Pflege­di­enst sorgt für einen „Ein­bruch“ ins Pri­vatleben, was man als Eltern nicht ver­hin­dern kann. Das „Eigene“, was den Nach­barn nichts ange­ht, lässt sich wiederum vor den Augen oder Ohren der Kinderkranken­schwest­er oder des ‑pflegers vom Kind nur schw­er verbergen.Es kommt zu ein­er Nähe zwis­chen den „helfend­en Hän­den“ beim Kind und den Eltern, welche auch schnell mal nach dem Du untere­inan­der ver­langt. Bei der einen Fam­i­lie geht dies schneller als bei ein­er anderen. 

Und warum kein Du? Mein Kind wird eh geduzt von allen und wenn man hinzu mit der Kinderkranken­schwest­er gle­iche Inter­essen teilt und sich auch so über Per­sön­lich­es von bei­den Seit­en aus­tauscht: Was soll hier noch das Sie? Ein Schutz bildet es, so kenne ich es, um sich abzu­gren­zen und eine Hil­fe für den Auf­bau ein­er pro­fes­sionellen Beziehung. Also ein Sie, damit die betreute Fam­i­lie mit ihrem schw­er kranken Kind einem nicht zu nahe kommt.

 

Die Distanz ist wichtig

Die Schwest­er oder der Pfleger, möchte sie oder er den Job über lange Zeit gut machen, so müssen sie ihre Beziehun­gen zu ihren Patien­ten und deren Ange­höri­gen auch so gestal­ten. Dies ver­birgt sich im Begriff der „pro­fes­sionellen“ Beziehung. Sie soll eine Objek­tiv­ität wahren, damit auch Krisen mit fach­lichem Wis­sen und Fähigkeit­en begeg­net wer­den kön­nen. Emo­tionale Befind­lichkeit­en kön­nen den Blick auf eine Sit­u­a­tion ver­stellen und ein an sich notwendi­ges Han­deln unterbinden. Hier ist eben die Pflege­fachkraft gefordert, eine Dis­tanz zu „basteln“ oder sich auch einzu­fordern. Die Ver­wen­dung von Sie gegenüber den Eltern kann hier­bei ein Hil­f­s­mit­tel sein, ein Aus­druck für eine Gren­ze: Ihr seid nicht meine Fam­i­lie oder Fre­unde. Wie weit sich aber so ein „Mitlei­den“ der Krisen beim Kind ver­hin­dern lässt, ist für mich fraglich. Diese Dis­tanz schafft sich für mich mit dem Blick, wie man dem schw­er kranken Kind begegnet.

Das Sie und die Forderungen

Anders kann es sein, bietet die Schwest­er oder der Pfleger das Du der Fam­i­lie an, dass sich Erwartung­shal­tun­gen der Fam­i­lie auf­bauen kön­nen, die darin nichts zu suchen haben. Etwas, was sich zum Beispiel im Ton­fall zeigt. Doch zeich­net sich vielle­icht hier erst richtig aus, dass bish­er verdeck­te Erwartung­shal­tun­gen von bei­den Seit­en geöffnet wer­den. Sieht die Mut­ter vom Kind in der Schwest­er eine Fre­undin, so hil­ft ihr das Du, es auszu­drück­en. Das Du ist nur ein Mit­tel zum Zweck und die Gegen­frage lautet, wie verdeck­te oder unter­schwellige Erwartun­gen, somit auch ungek­lärte, auf Dauer nicht auch die Beziehung versalzen.

Das Du bei gek­lärten Erwartun­gen kön­nte das ein­fache Miteinan­der stärken, da ein Sie „irgend­wie“ nicht mehr passt. Denn dieses Du äußert auch eine Ver­trauens­ba­sis, also auch einen Schutz für die Fam­i­lie. Wen ich duze, dem erzäh­le ich auch mal mehr aus meinem „Hin­ter­stübchen“, was andere wiederum nichts ange­ht. Es somit auch ein mit einem Schutz ver­bun­den, dass die ver­traulichen Äußerun­gen und Gegeben­heit­en nicht in die weite Welt vor der Woh­nungstür hin­aus posaunt wer­den. Ein Schutzge­fühl, der für die Fam­i­lie notwendig sein kann. Sie muss sich über­all mit ihren Eige­narten und Intim­itäten äußern und zeigen, da son­st eine gute Pflege nicht klappt.

Das regionale Du

Und let­z­tendlich wird dem einen oder anderen auch auf­fall­en: Je nach Region legt man viel Wert auf ein Sie oder steigt schnell zum Du über. Ob man nun Sie oder Du sagt zu einan­der, scheint egal zu sein. Und gepflegt stre­it­en oder eine kon­struk­tive Kri­tik lassen sich auch mit dem Du äußern. Eben dass man zum Beispiel seine Erwartun­gen vom anderen for­muliert, ohne ihn zu beschimpfen.

Eine Region, wo das Du gängig ist und das Sie eher in geschäftlichen Kon­tak­ten auftritt, ist das Inter­net. Tritt man zum Beispiel einem Diskus­sions­fo­rum bei, so ist man in der Regel gle­ich beim Du, warum auch immer.

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