Teilhabe und das Internet

Hat man keinen „ordentlichen“ Zugang ins Inter­net, dann spürt man noch viel stärk­er, wie schlecht der Zugang zum öffentlichen Leben ist, wenn eine Behin­derung einen, also auch den pfle­gen­den Ange­höri­gen, an die Woh­nung fes­selt. Inter­net, nun das ist nicht ver­gle­ich­bar mit der Zeitung oder dem Radio. Denn diese Medi­en betreiben nur eine ein­seit­ige Kom­mu­nika­tion, abge­se­hen vom Leser­brief, und so kaum oder mehr zufäl­lig über das bericht­en, was einen wirk­lich bet­rifft und interessiert.

Und Fernse­hen? Nun ich habe es wieder pro­biert, nicht nur, dass es auch eine ein­seit­ige Kom­mu­nika­tion betreibt; es ist nicht zum aushal­ten. Es erzeugt nur Unruhe, ver­gle­ich­bar mit den Web­seit­en, wo ein Pop­up nach dem näch­sten auf­springt, wo man nach jedem Absatz auf ein neues Wer­be­ban­ner trifft. Es ist für mich schlicht unmöglich, dieses Medi­um länger zu kon­sum­ieren und dann wollen die Sender mit ihrem fest­gelegten Pro­gramm plöt­zlich noch den Tagesablauf bes­tim­men, schreiben mir vor, wann ich was zu sehen habe wie einem Kind.

Bitte, ich möchte selb­st aus­suchen, wann ich welche Sendung, welchen Inhalt kon­sum­ieren möchte und ich muss es auch. Unser Kind richtet sich nicht nach irgen­deinem frem­den Pro­gramm. Es hat sein eigenes und das geht vor. Als ich dann mal die Zeit fand, mich mit der Mei­n­ung auf das Sofa set­zte: Jet­zt schal­test du das Gerät ein und schaust mal, ein­fach so. Ja wie? Der Appa­rat set­zte kurz drauf wieder in den Standby.

Nur flache Sto­rys bes­timmten das Pro­gramm, Doku-Soaps, die auf die Trä­nen­drüse drück­en wollen oder welche Wand­farbe jet­zt bess­er aussieht und zwis­chen­drin wollen mir min­destens zwei Provider DSL verkaufen. Dies schmerzt nicht nur, nein, da fühlt man sich hin­ter­gan­gen. DSL hab ich, doch bitte, ich hab kein Zugang zum Provider, somit kein Inter­net. Was nützt mir das? Mit dem Radio ist es da schon bess­er. Doch ab einem bes­timmten Punkt, da kann man es nicht mehr hören. Zu viel Wieder­hol­ung, jeden Tag gibt es eine lobende Kri­tik für ein Buch; eine neue Musik-CD kommt in die Läden und ein neuer Film strebt in die Kinos. Doch ich weiß schon genau: So viel schaff ich nie zu lesen, die Musik inspiri­ert mich nur sel­ten und der Film: Wann bitte komme ich ins Kino? Doch an sich drehen sich meine Gedanken dabei wieder­holt um das Wort „Kon­sum“. Ich solle dies oder jenes und dies mir kaufen. Ver­liert man dabei nicht den Faden im Leben, den Blick auf das Eigentliche, was wirk­lich die Zufrieden­heit bes­timmt? Und da hat das Leben mit dem Inten­sivkind einen Punkt, der mir deut­lich zeigt: Ich muss nicht darum rin­gen, den Kon­sum zu verneinen, abzuwä­gen, ob er mich zufrieden macht, mich weit­er bringt. Ich kann eh nicht an ihm teil­haben; zu exis­ten­tiell ist unser eigenes The­ma, dass man sog­ar schlicht ver­gisst, eine CD oder ein Buch zu kaufen.

Inter­net — das ist doch auch Kon­sum. Ich verneine es nicht, aber für mich ist Inter­net auch eine Stätte von eigen­er Pro­duk­tiv­ität. Ich kon­sum­iere nicht nur, son­dern ich gestalte mit. Darin liegt der Unter­schied und das macht auch die Teil­habe am öffentlichen Leben aus. Es geht nicht nur um den Zugang fürs Kino oder dem Piz­za­s­tu­dio. Es geht um die Mit­gestal­tung vom öffentlichen Leben, der Kom­mu­nika­tion mit anderen Men­schen. Kom­mu­nika­tion, wo ich etwas äußern darf, wo ich anderen zuhören kann, wo ein Gespräch entste­ht. Kommt man nicht raus, dann bietet dies um so mehr das Inter­net, wom­it dies Medi­um eine exis­ten­tielle Form annimmt.

Kat­e­gorie: 



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Pflegezirkus