Stärkung der Eltern — Elternkompetenz

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Es ist das Pro­jekt, was ich vor zehn Jah­ren sehr gut hät­te gebrau­chen kön­nen. Eltern­men­to­ren — in der Lebens­si­tua­ti­on mit einem behin­der­ten Kind erfah­re­ne Eltern beglei­ten ande­re betrof­fe­ne Eltern.

Die­se Woche war ich in Stutt­gart und ich war ein­ge­la­den, die Akteu­re der Eltern­stif­tung Baden-Würt­tem­berg ken­nen zu ler­nen. Sie schu­len Eltern zu Men­to­ren, die ande­re Eltern unter­stüt­zen und hel­fen ihre „rich­ti­ge“ Rol­le ken­nen zu ler­nen und anzu­neh­men, ver­kürzt gesagt. Dort mit dem beson­de­ren Blick auf die Schule.

Bei der Vor­stel­lung fand ich schnell die Ver­bin­dung, die Nähe zu den Fami­li­en­be­glei­tern von Kin­der­hos­piz­diens­ten. Doch haben Kin­der­hos­piz­diens­te eine Ein­schrän­kung. Ihr Ziel­kli­en­tel sind Fami­li­en mit einem lebens­ver­kürzt erkrank­tem Kind. Dies ist aber nur eine Grup­pe von Fami­li­en mit behin­der­ten Kin­dern. Vie­le Kin­der mit beson­de­ren Bedürf­nis­sen sind frei von einer lebens­b­re­grenz­ten Pro­gno­se. Auch für die­se Eltern kann eine ehren­amt­li­che Beglei­tung sehr hilf­reich sein. Sie kann die Kom­pe­tenz der Eltern stärken.

Elternkompetenz

In der Zeit­schrift „Das Band“ konn­te ich einen Schlüs­sel­satz zur Eltern­selbst­hil­fe lesen:

„Zu den zen­tra­len Anlie­gen … gehört es, den Kin­dern mit Behin­de­rung för­der­li­che Bedin­gun­gen in ihrer Fami­lie zu sichern. Die Annah­me des Kin­des mit sei­ner Behin­de­rung ist eine wesent­li­che Vorraus­set­zung dafür. Dies gelingt am ehes­ten, wenn die Mut­ter und der Vater ein erfüll­tes Leben füh­ren kön­nen. Dazu gehört auch die Ver­wirk­li­chung eige­ner Lebens­vor­stel­lun­gen …“ aus: Kiel, Hel­ga „Frau­en mit beson­de­ren Her­aus­for­de­run­gen“. In: Das Band. Zeit­schrift des Bun­des­ver­ban­des für kör­per- und mehr­fach­be­hin­der­ter Men­schen e.V. 44. Jg. 2014, Heft 2. S. 4

Kurz gesagt: Wenn es mir als Vater gut geht, mei­ne Bedürf­nis­se erfüllt sind, so kann ich auch für ande­re, für die Bedürf­nis­se mei­ner Kin­der sor­gen. Drei wich­ti­ge Bedürf­nis­se für die Eltern sind die Sicher­heit, Gemein­schaft und Selbstwirksamkeit.

Die För­de­rung der Kom­pe­tenz, des Sach­ver­stan­des der Eltern, för­dert zum einen deren Selbst­si­cher­heit in dmm The­men­kreis „behin­der­tes Kind“ und zum ande­ren zeigt es Wege auf, wie sie erfolg­reich wirk­sam wer­den kön­nen und es wer­den. Gleich­zei­tig führt die­ser Lern­pro­zess zur Aner­ken­nung ihrer ein­zig­ar­ti­gen Lebens­si­tua­ti­on und der Erkennt­nis, sie sind nicht allein. Ins­be­son­de­re wenn die Selbst­be­trof­fe­ne ande­re Betrof­fe­ne anlernen.

Dies för­dert gleich­zei­tig die Resi­li­enz, somit die Gesund­heit der Eltern.

Faktoren der Elternkompetenz

Was gilt es bei den Eltern zu för­dern? Aus der vor­ge­stell­ten Arbeit der Eltern­stif­tung und mei­ner Erfah­rung bei der Fami­li­en­be­glei­te­rin­nen von Kin­der­hos­piz­diens­ten ergibt für mich folgendes:

  • Die Eltern erken­nen, beschrei­ben und sor­gen für ihre Bedürfnisse.
  • Kom­mu­ni­ka­ti­on.
  • Ent­wick­lung von Empathie.
  • Kennt­nis über ihrer Rech­te und Pflichten.
  • Kennt­nis über ihre Rol­le als Mut­ter oder Vater, des Sor­ge­rechts und Für­spre­cher und als Ent­schei­der für ihr Kind.
  • Wie bekom­me ich Wis­sen über die Erkran­kung, Behin­de­rung und The­ra­pien mei­nes Kin­des? Wie kann ich die Bedürf­nis­se mei­nes Kin­des erkennen?
  • Was kann ich erwar­ten von den Dienst­leis­tern wie Pfle­ge­dienst, den The­ra­peu­ten, den Ärz­ten, der Schu­le oder der Kita? Was erwar­ten die­se von mir?
  • Wel­che Funk­ti­on und wel­che Gren­zen haben Ärz­te, Pfle­ge­dienst, The­ra­peu­ten, Päd­ago­gen, Krankenkasse?

Als Beglei­te­rIn von Eltern kön­nen die­se Fak­to­ren zusam­men gefasst mäch­tig wir­ken. Dies muss ich als Beglei­te­rIn leis­ten? Nein, die /​der Beglei­te­rIn, die /​der Men­to­rin holt dort die Eltern ab, wo sie ste­hen und kann den Eltern Wege auf­zei­gen, wie und wo sie ihre Sach­kennt­nis erwei­tern kön­nen. Ihre oder sei­ne Auf­ga­be liegt dann beim Zuhö­ren. Wenn die Eltern in ihrer beson­de­ren Situa­ti­on erst begin­nen, die­se zu akzep­tie­ren, sind sie viel­leicht nicht bereit, sich mit ande­ren Din­gen zu beschäf­ti­gen. Sie wol­len dar­über reden, was sie bewegt.

Profit und Förderung

Kom­pe­ten­te Eltern sind star­ke Eltern. Eltern, die für ihr Kind ein­tre­ten. Es sind Men­schen, die wis­sen, was sie von den ver­schie­de­nen Akteu­ren, den Pro­fes­sio­nel­len, bei ihrem Kind erwar­ten dür­fen. Es sind Eltern, die den Pro­fes­sio­nel­len wie Erzie­her oder Pfle­ge­kräf­te auf der Sach­ebe­ne über das Kind und als Part­ner begeg­nen wollen.

Aus mei­ner Erfah­rung gewin­nen Pro­fes­sio­nel­le viel, wenn sie kom­pe­ten­te Eltern begeg­nen. Die Eltern akzep­tie­ren den Wir­kungs­raum des Pro­fes­sio­nel­len, sie zei­gen klar auf, wo ihre Res­sour­cen und Gren­zen sind und was sie vom Gegen­über erwarten.

Es macht Sinn, die Beglei­tun­gen von Eltern und die Eltern in ihrer Kom­pe­tenz zu för­dern. Für den einen oder ande­ren Pro­fes­sio­nel­len mag es eine Umge­wöh­nung sein, wenn sie Eltern auf der glei­chen Höhe begeg­nen. Es ist eine ande­re Arbeits­wei­se, die aber auch vor einer eige­nen Über­for­de­rung schützt, da die eige­ne Rol­le und Funk­ti­on klar sind.

Eine För­de­rung der Kom­pe­tenz der Eltern ist ein wich­ti­ges Feld und soll­te auch von den Pro­fes­sio­nel­len geför­dert wer­den. Denn zum einen über­neh­men kom­pe­ten­te Eltern die Ver­ant­wor­tung für ihre Rol­le, für ihre eige­nen Pflich­ten oder es las­sen sich Kon­flik­te durch fal­sche Erwar­tun­gen schnel­ler ver­mei­den. Zum ande­ren, wenn die Eltern in ihrer Kom­mu­ni­ka­ti­on geschult wer­den, wird das Aus­tra­gen von Kon­flik­ten auf der Sach­ebe­ne geho­ben, der Umgang mit Feh­ler wird ein­fa­cher und die Schuld­fra­ge mit Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein ersetzt. Ich hof­fe, dass ein sol­ches Pro­jekt zur Beglei­tung von Eltern durch Eltern auch in Jena einen Raum findet.

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by dirkstr

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