Warum kein Elternbeitrag fürs behinderte Kind

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Im Juli wur­de im Stadt­rat von Jena ent­schie­den, dass für das behin­der­te Kind in den inte­gra­ti­ven KiTas der Stadt (wo sie Trä­ger der Ein­rich­tung ist) jetzt auch der Eltern­bei­trag zu erhe­ben ist, nach­dem das Land den Pfle­ge­satz gekürzt hat.

Doch soll­te hier bedacht wer­den, der inte­gra­ti­ve Platz ist für das behin­der­te Kind nicht nur ein “ein­fa­cher” Betreu­ungs­platz und eine Ergän­zungs­leis­tung für die elter­li­che Erzie­hung, son­dern ein The­ra­pie­platz. Die­ses ist vor­ran­gig zu sehen, denn durch die heil­päd­ago­gi­sche Früh­för­de­rung und ande­ren ange­schlos­se­nen The­ra­pien dort (wie Phy­sio­the­ra­pie) wird eine Ver­schlim­me­rung der Behin­de­rung ver­mie­den und es kön­nen Pro­ble­me und Fol­ge­er­kran­kun­gen durch die Behin­de­rung früh­zei­tig erkannt wer­den. Dies ist zu Hau­se kaum mög­lich. Eltern eines behin­der­ten Kin­des sind Eltern und kei­ne aus­ge­bil­de­ten The­ra­peu­ten! Eine leich­te Behin­de­rung kann in der teil­sta­tio­nä­ren Ein­rich­tung sogar soweit aus­ge­gli­chen wer­den durch die täg­li­che The­ra­pie, dass der Besuch einer nor­ma­len Schu­le mög­lich wird. Dies spart spä­te­re Kosten.

Mit die­ser Ent­schei­dung der Stadt Jena wird es den Eltern von behin­der­ten Kin­dern schwer gemacht, ihr Kind in die inte­gra­ti­ve KiTa zu geben. Doch ist neben dem The­ra­pie­platz für das Kind die­ser Platz auch wich­tig für eine Ent­las­tung der Eltern von der beson­de­ren Lebens­si­tua­ti­on mit dem behin­der­ten Kind. Damit Eltern ihr Kind auch in Zukunft ambu­lant pfle­gen kön­nen, bedarf es einer Ent­las­tung. Fällt die Mut­ter oder Vater als Pfle­ge­per­son aus, da einer nerv­lich zusam­men­bricht, muss die­ses durch die Fami­li­en­pfle­ge bis hin zu einer sta­tio­nä­ren Auf­nah­me des Kin­des auf­ge­fan­gen wer­den, dies über lan­ge Zeit oder sogar für immer. Die­se Kos­ten lie­gen für die Kom­mu­ne weit­aus höher als die Befrei­ung vom Eltern­bei­trag beim inte­gra­ti­ven KiTa-Platz!

Bei der Erhe­bung des Eltern­bei­trags wird die finan­zi­el­le Mehr­be­las­tung durch die Behin­de­rung des Kin­des nicht berück­sich­tigt. Die­se besteht aber und ist auch bekannt, zum Bei­spiel durch die Gebüh­ren­er­mä­ßi­gung oder ‑befrei­ung für Behin­der­te bei ande­ren öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen. Durch die­se Ent­schei­dung des Stadt­ra­tes ent­steht eine Unge­rech­tig­keit unter den Eltern behin­der­ter Kin­der. Besucht das behin­der­te Kind eine Son­der­ein­rich­tung, dann besteht bun­des­weit ein­heit­lich kein Eltern­bei­trag, da dies gesetz­lich fest­ge­schrie­ben ist.

Doch soll­te es der Poli­tik von Inter­es­se sein, dass mög­lichst vie­le Eltern sich für die Unter­brin­gung ihrer Kin­der in der inte­gra­ti­ven Ein­rich­tun­gen ent­schei­den. Nur da, wo Behin­der­te und Nicht­be­hin­der­te zusam­men sind, kann Inte­gra­ti­on wirk­lich stattfinden.

Aber auch aus der Kos­ten­fra­ge für die Stadt her­aus soll­te der Besuch in der inte­gra­ti­ven Ein­rich­tung geför­dert wer­den. Denn wenn ein Kind den Son­der­kin­der­gar­ten besucht, ent­ste­hen für den Steu­er­zah­ler höhe­re Kos­ten, allein schon durch den Fahr­dienst für Behin­der­te, da Son­der­ein­rich­tun­gen wei­ter ent­fernt, außer­halb von Jena liegen.

Beim Land­schafts­ver­band Rhein­land wur­de berech­net, dass Son­der­ein­rich­tun­gen im Jahr fast das Dop­pel­te kos­tet für die Trä­ger als der Besuch einer inte­gra­ti­ven Einrichtung!

Doch wenn Eltern behin­der­ter Kin­der belangt wer­den mit dem Eltern­bei­trag, dann ist mit zu erwar­ten, dass sie den “teu­ren”

Son­den­kin­der­gar­ten, für sie aber bei­trags­frei­en, vor­zie­hen. Der Land­schafts­ver­band Rhein­land hat bei die­ser Pro­ble­ma­tik ein rich­ti­ges Zei­chen gesetzt und sich für die Befrei­ung vom Eltern­bei­trag für behin­der­te Kin­der in der inte­gra­ti­ven Ein­rich­tung aus­ge­spro­chen. Dort wird der Eltern­bei­trag für ca. 3500 Kin­dern in der inte­gra­ti­ven Ein­rich­tung vom Land­schafts­ver­band über­nom­men. In den inte­gra­ti­ven Kin­der­gär­ten der Stadt sind es 18 Integrationskinder.

Über­ar­bei­tet am 20.09.06

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by dirkstr

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