Urlaub, Reha und der Wellness-Faktor

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Es könn­te ziem­lich schief lau­fen, wenn man die Well­ness-Kuren aus dem Life­style-Maga­zin mit der Reha­bi­li­ta­ti­on von Men­schen mit Behin­de­rung gleich setzt. Obwohl, wenn man die­se “Ankün­di­gung” zur REHAB INTERNATIONAL im Mai liest, könn­te man sol­che Zusam­men­hän­ge schon bau­en. Die Über­schrift dort fragt: “Kön­nen Men­schen mit Behin­de­rung in den Urlaub fah­ren?” und im Text folgt: “Reha­bi­li­ta­ti­on erspart den Pfle­ge­fall”. Urlaub und Reha, eine net­te und viel­leicht auch gewünsch­te Kom­bi­na­ti­on vieler. 

Mit einer Behin­de­rung ab in den Urlaub zu star­ten, dies ist mög­lich, wenn die Bedin­gun­gen stim­men. Zur Haupt­sa­che hängt es wohl davon ab, wel­che Beein­träch­ti­gung besteht, wel­che Bar­rie­ren sein dür­fen, wel­che nicht. Ein Roll­stuhl-Nut­zer, der sich soweit selbst ver­sor­gen kann, der schaut sicher­lich, wel­ches Hotel oder wel­cher Urlaubs­ort ihm “freie Bahn” gibt. Erfährt er noch wel­che medi­zi­ni­schen Ange­bo­te am Urlaubs­ort ihren Platz gefun­den haben, ob Arzt oder eben Phy­sio­the­ra­peut, dann wird es wohl per­fekt. Doch wo bleibt da die Ent­span­nung für die Ange­hö­ri­gen, wie den Eltern eines schwer behin­der­ten Kindes.

Ein Hotel mag sich fin­den, eine Phy­sio- oder Ergo­the­ra­pie­pra­xis um die Ecke auch noch, wäre da nicht die Pfle­ge. Nun gut, es gäbe viel­leicht in Deutsch­land noch ein Pfle­ge­heim am Urlaubs­ort, was sogar über die Kurz­zeit­pfle­ge abrech­ne, wäre nicht die Beatmung des Kin­des oder eben: Sie betreu­en kei­ne Kin­der. Urlaub ade? Ist das Bank­kon­to gefüllt, so liegt die Idee nahe mit den Pfle­ge­dienst auf die Rei­se zu gehen. Vier­und­zwan­zig Stun­den mal sie­ben Tage Pfle­ge bedeu­tet drei Schich­ten, drei Schwes­tern oder Pfle­ger und drei Zim­mer mit Voll­pen­si­on. Das Hotel freut sich über den Umsatz, hin­zu kom­men viel­leicht noch Spe­sen für den “Anhang” vom Kind. Für die­sen Preis am Ende hät­te man sich wohl selbst eine Luxus­rei­se buchen kön­nen. Ist der Geld­beu­tel zu schmal, folgt das Nein oder die Fami­lie wird geteilt. Das behin­der­te Kind bleibt allein in sei­nen vier Wän­den mit dem Pfle­ge­dienst ohne Zusatz­kos­ten. Aber auch wenn es klappt mit dem Pfle­ge­dienst auf der Urlaubs­rei­se, die täg­li­che Phy­sio­the­ra­pie ist mehr ein Muss als Freu­de. Sie for­dert mehr als nur ein Well­ness-Fak­tor, sich in sei­ner Haut Gut zu füh­len. Dies frei nach: Ich tue was für mich. Reha­bi­li­ta­ti­on ist Arbeit für den “Pati­en­ten” und sorgt sogar für Unwohl­sein. Er oder sie ist mit gan­zen Ein­satz gefor­dert die Behand­lung mit zu “gestal­ten”, was wie­der­um for­dert eine beloh­nen­de Erho­lung danach. Denn anders lässt sich so man­che Beein­träch­ti­gung nicht auf Dau­er ausgleichen.

Urlaub und Reha, war­um nicht gleich eine Rei­se in eine Kli­nik für Reha­bi­li­ta­ti­on. Doch wird sie wohl kaum geneh­migt wer­den, wenn da steht auf dem Antrag: Zur Erho­lung. Die Reha mit ihren straf­fen Pro­gramm soll mit inten­si­ven The­ra­pien eine gesam­te Bes­se­rung des Krank­heits­bil­des schaf­fen. Dafür muss sogar fest­ge­hal­ten sein, ob im Pati­en­ten über­haupt noch Poten­tia­le schlum­mern, die einen Bes­se­rung sei­ner Gesund­heit garan­tie­ren. Drei The­ra­pien am Tag für das Kind und eine Reha ist nicht ein­mal eine Erho­lung für die Eltern in der Beglei­tung, wenn sie genau­so das Kind pfle­gen müs­sen wie zu Hau­se. Urlaub, Reha, war­um nicht gleich eine Kur. Ja, wenn man dafür eine Kli­nik fin­det, die auch tra­cheo­to­mier­te und beatme­te Kin­der betreut. Nein? Nun, viel­leicht gin­ge dies mit Pfle­ge­dienst, den die Kran­ken­kas­se zah­le — Ja, es gin­ge, hör­te ich erst letz­tens von einer Fami­lie. Doch eine Kur, die gibt nun mal nicht alle paar Mona­te, wenn der nächs­te Urlaub wie­der nötig ist.

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by dirkstr

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