Hilfsmittelwächter

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Viel­leicht soll­te man die Posi­ti­on der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­se (GKV) neu defi­nie­ren, zumin­dest die Kas­se der Madame: als Hilfs­mit­tel­wäch­ter. Ein Hilfs­mit­tel­wäch­ter wacht streng über die Ver­ga­be oder Geneh­mi­gun­gen von Hilfs­mit­teln, er wacht über die Hilfs­mit­tel, damit ihr Kauf nicht geneh­migt wird oder sie aus den Kas­sen­pool “ver­schwin­den”. Zumin­dest sind für uns aktu­ell Geneh­mi­gun­gen Aus­nah­me­fäl­le, die ohne Wider­spruch ablau­fen. Eine Freun­din mein­te, es ist wie beim Lot­to, man “gewinnt” mit dem rich­ti­gen Los.

Hilfs­mit­tel, nun das sind eigent­lich Din­ge, die benö­tigt wer­den um Behin­de­run­gen aus­zu­glei­chen, The­ra­pien zu sichern oder die vor wei­te­ren Krank­hei­ten und Behin­de­run­gen schüt­zen sol­len. Dies muss man den Wäch­ter mehr­fach und schrift­lich, am bes­ten mit Gerichts­ur­tei­len bewei­sen. Denn als Beweis gilt nicht die ärzt­li­che Ver­ord­nung, das Rezept, denn: “der Dok­tor hat gesagt, ich bräuch­te es wegen …”, nein als Beweis gilt die Beur­tei­lung der Akten­la­ge unab­hän­gig vom Pati­en­ten, frei nach: “War­um Herr X dies Hilfs­mit­tel braucht, ist hier auf den Papier nicht ersicht­lich, ich schi­cke mal die Ablehnung.”

Der Arzt des Herrn X, so muss man anneh­men, hat wohl kei­ne Ahnung, was sei­ne Pati­en­ten für Heil­maß­nah­men brau­chen, um wie­der eine gute Lebens­qua­li­tät zu errei­chen. Schließ­lich hat der Arzt ja nur, ja nur ein Medi­zin­stu­di­um, eine Fach­wei­ter­bil­dung hin­ter sich abge­schlos­sen und muss auch wei­ter­hin up-to-date Kur­se besu­chen, ganz zu schwei­gen von der Berufs­er­fah­rung. Im Gegen­zug ist es schwer ein(e) Sachbearbeiter(in) der Kas­se zu fin­den, die den Wäch­ter aus­fül­len, die auch wirk­lich weiß, was ein Hilfs­mit­tel aus­gleicht oder wozu man wel­ches braucht. Lot­to oder Hilfs­mit­tel­wäch­ter, zumin­dest wenn ich die Über­schrift lese über die Preis­ge­stal­tung von Hilfs­mit­tel: pres​se​mit​tei​lung​.ws/​n​o​d​e​/​v​i​e​w​/​1​1​415: “Kran­ken­kas­sen könn­ten spa­ren — wenn sie nur woll­ten”, fra­ge ich mich, wie­so könn­ten. Sie machen es ja schon an der Hilfs­mit­tel­front und wenn dann die Leu­te kein Wider­spruch ein­le­gen wie hier, dann haben sie gespart, in die­sen Fall 2000 Euro.

Laut den erst genann­ten Arti­kel sei die Lösung Dis­coun­ter-Prei­se bei den Hilfs­mit­tel. Doch Vor­sicht, bei vie­len Hilfs­mit­teln sind indi­vi­du­el­le Anpas­sun­gen not­wen­dig und hin­zu müs­sen sie Zer­ti­fi­ziert sein und dies kos­tet. Doch erhält der Pati­ent über die Zer­ti­fi­zie­rung eine Qual­ti­ät­ssi­che­rung und das ist bei Hilfs­mit­teln wich­tig, aber auch der Ser­vice, wenn es Pro­ble­me gibt. Beim Dis­coun­ter erwar­tet man kein Ser­vice, dort tauscht man bei Nicht­ge­fal­len oder Pro­ble­men die Ware wie­der um oder bekommt das Geld zurück, doch auf ein Hilfs­mit­tel ist man ange­wie­sen. Ein Roll­stuhl­fah­rer kann nicht ein­fach in einen “Gesund­heits­fach­markt”, dem Hilfs­mit­tel­dis­coun­ter, fah­ren und sei­nen neu­en Roll­stuhl dort las­sen bei Pro­ble­men. Er braucht den Ser­vice vor Ort. Es ist auch nicht ganz rich­tig, dass die Kas­sen Pau­schal­prei­se zah­len, auch wenn das Hilfs­mit­tel bil­li­ger wäre, sie aber “nur” den Preis in ihrer Lis­te zahlen.

Bei der Madame wur­den häu­fig meh­re­re Kos­ten­vor­anschlä­ge für ein Hilfs­mit­tel ein­ge­holt und nach den preis­wer­ten Anbie­ter ent­schie­den. Die Unter­über­schrift “Kos­ten für medi­zi­ni­sche Hilfs­mit­tel kön­nen unter Ein­be­zie­hung der Eigen­ver­ant­wort­lich­keit der Ver­si­cher­ten ver­rin­gert wer­den” bei dem Arti­kel “Kran­ken­kas­sen könn­ten spa­ren — wenn sie nur woll­ten” ist für mich abs­trakt oder soll dies hei­ßen, wenn wir ein Rezept bekom­men über einen The­ra­pie­stuhl, sol­len wir es dann gleich in drei ver­schie­de­nen Sani­täts­häu­sern einreichen?

In Jena wür­de es min­des­ten einen hal­ben Tag dau­ern und es wäre hin­zu für einen Geh­be­hin­der­ten eine Zumu­tung. Es soll­te eher mög­lich sein, das Sani­täts­häu­ser Ser­vice­leis­tun­gen, also Dienst­leis­tun­gen, extra abrech­nen kön­nen und die­se nicht mehr in den Hilfs­mit­tel ver­schlüs­seln müs­sen. Das wür­de Trans­pa­renz erzeu­gen und ermög­li­chen, wenn man kei­ne Ser­vice­leis­tung braucht, so muss die­se auch nicht im “Vor­aus” abge­rech­net wer­den. Gesund­heits­fach­markt, das klingt wie Online-Apo­the­ke und nicht nach einen Sani­täts­haus unse­res Ver­trau­en. Gut, wenn man kei­ne Bera­tung, kei­ne indi­vi­du­el­le Anpas­sung braucht und sich auch kei­nen Ser­vice bei Pro­ble­men danach wünscht, eben wie beim Dis­coun­ter. Ich hof­fe dies kauf­män­ni­sche Modell hält sich in Gren­zen, denn Dis­coun­ter­prei­se im Reha­be­reich machen mit Sicher­heit die Qua­li­tät der Ver­sor­gung kaputt, weil kein Sani­haus sich mehr eine pro­fes­sio­nel­le Bera­tung wie ande­re Ser­vice­leis­tung, zum Bei­spiel Pro­be­stel­lun­gen von Hilfs­mit­teln, leis­ten kann. Bil­li­ger, das geht viel­leicht schon, doch bit­te nicht zu Las­ten der Patienten.

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by dirkstr

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