Was Integration — Inklusion verhindert

Inte­gra­tion, Inklu­sion — viele ver­birgt sich hin­ter Begrif­f­en. Aber ist es beim behin­derten Kind nicht ein­fach der Aus­druck für die “geführte” Benachteili­gung im Bil­dungssys­tem oder anders: Inklu­sion ist Chan­cen­gle­ich­heit im Bil­dungssys­tem …Das Leben mit einem behin­derten Kind bedeutet sich gezielt mit den Stich­wort Inte­gra­tion oder, in “NeuSprache”, Inklu­sion auseinan­der zu set­zen. Drücke ich es anders aus: Wie sichere ich ab, dass meine behin­derte Tochter, meine Fam­i­lie nicht am Rande der Gesellschaft ste­ht, son­dern als ein Teil der Gesellschaft erlebt wird.

Einen zweit­en gewichti­gen Punkt kon­nte ich gestern in ein­er kleinen, aber bewe­gen­den Lebens­geschichte erfahren:

“Die Kinder in der Son­der­schule wer­den super betreut, aber sie ler­nen kaum Kul­turtech­niken. Vielle­icht kön­nten einige Kinder vielmehr ler­nen, wenn man es ihnen anbi­eten würde.” aus: Kühne, Cari­na. Leben mit Hand­i­cap. in: Fis­ch­er, Julia; Ott, Anne; Schwarz, Fabi­an (Hg.). Mehr vom Leben. bal­ance buch + medi­en ver­lag. 2010.

Es geht um die Teil­habe auf Chan­cen­gle­ich­heit in einem Bil­dungssys­tem oder: Eine Behin­derung sollte nicht zur Bil­dungs­be­nachteili­gung führen. Diese Benachteili­gung ist bei Men­schen mit einem Hand­i­cap schnell der Fall, wenn ihnen nur der Son­der­schul­weg gezeigt wird und die Möglichkeit der “nor­malen” Bil­dung aus­ge­blendet wird. Let­z­tendlich Lern­in­halte nicht ange­boten werden.

Ein Sozial- und Bil­dungssys­tem, welch­es aus Kosten­grün­den den Son­der­schul­weg für Men­schen mit Hand­i­cap weit­er forciert, stellt sich selb­st eine Kosten­falle. Ein Beispiel zeigt die Men­schen­gruppe mit Down­syn­drom auf. Ein reg­ulär­er Schu­la­b­schluss kann möglich werden.

Kostenfalle?

Behin­derte Men­schen, welche auf­grund des fehlen­den Zugangs zum Bil­dungssys­tem keinen reg­ulären Schu­la­b­schluss bekom­men, wer­den weit­er­hin im Förder­sys­tem hän­gen bleiben. Sie wer­den die Sozialka­ssen belas­ten und dies ein Leben lang. Wenn ein Men­sch mit Hand­i­cap einen reg­ulären Schu­la­b­schluss erhält, eine Lehrstelle bekommt oder den weit­er­führen­den Bil­dungsweg gehen kann, wird seinen eige­nen Leben­sun­ter­halt ver­di­enen. Ist es dies gewün­scht? Wenn nein, was motiviert die, die den Men­schen mit Behin­derung den Bil­dungsweg beschnei­den möcht­en? Unwis­senheit? Wird so die Beweis­lage gefes­tigt, mit ein­er Behin­derung ist keine Leben­squal­ität möglich? Eine Frage des Selb­st­be­wusst­sein, wenn jemand erfährt, dass der Men­sch mit Down-Syn­drom einen besseren Abschluss hat als ich?

Ich beende mal kurz und knapp:

“Vielle­icht würde sich ja in unser­er Gesellschaft etwas ändern, wenn es mehr Filme gäbe, in denen behin­derte Men­schen mit­spie­len, und es nicht so viele Behin­dertenein­rich­tun­gen am Stad­trand gäbe.
Wir gehören dazu! siehe ebd. S. 19

2 Kommentare

  • Glauben Sie, dass geistig behin­derte Kinder im Regelschul­sys­tem irgendwelche Abschlüssen erla­gen wer­den? Es ist eine Frech­heit zu behaupten, dass in Förder­schulen für geistige Entwick­lung keine Kul­turtech­niken ver­mit­telt wer­den. Ganz indi­vidu­ell und inten­siv wird das ver­sucht. Doch die Lehrer kön­nen keine Wun­der voll­brin­gen. Brigen Sie doch bitte einem Blind­en das Sehen bei. So ähn­lich ist das oft. Da wer­den die Kinder im GU mit Kul­turtech­niken gequält, die sie nie ler­nen wer­den, weil ihnen ein­fach die kog­ni­tiv­en Voraus­set­zun­gen dafür fehlen. Ganz zu schweigen von ihrer Ein­samkeit und Aus­geschlossen­heit, je älter die Kinder wer­den. Glauben Sie mir, ich weiß wovon ich rede. Habe es schon mehrfach erlebt, wo den Eltern ein­fach egal war, wie es ihrem Kind geht, die nicht akzep­tieren kon­nten, ein behin­dertes Kind zu haben. Ent­lassen wur­den neu­ro­tis­che Kinder, die heute endlich glück­lich und zufrieden sind: In der Werk­statt für behin­derte Men­schen, haben Fre­unde, lachen und fühlen sich wohl. Ich denke, das Ziel aller Eltern sollte es sein, glück­liche Men­schen zu erziehen.

    • Warum sollen Kinder mit geminderten intellek­tuellen Fähigkeit­en oder Lern­be­hin­derung keinen Abschluss machen kön­nen? Oder warum kann Inte­gra­tion nicht auch ohne einen qual­i­fizierten Abschluss ver­laufen? Ich finde es auch sehr schwierig, wenn pauschal gesagt wird, Men­schen mit geistiger Behin­derung enden in der Werk­statt und sehe es als sehr schwierig an, wenn alle Men­schen mit ein­er soge­nan­nten geisti­gen Behin­derung gle­ich geset­zt wer­den in ihrer indi­vidu­ellen Entwick­lung. Hinzu geht es nicht darum, dass Lehrer Wun­der voll­brin­gen, son­dern auch darum, dass die Gesellschaft lernt, dass Behin­derung und schwere Erkrankun­gen zum Leben dazu gehören und dies in allen Lebens­bere­ichen. Ich ver­mute, dass eine Werk­statt für behin­derte Men­schen nicht Neu­rosen aus­gle­ichen kann und denke, dass es für einige Werk­statt-Mitar­bei­t­erin­nen Jobs auf dem ersten Arbeits­markt gibt, wo diese auch glück­lich und zufrieden sein kön­nen, wie z.B. im Hotelwesen.
      Eine Frage neben­bei, wenn Kinder mit einem Unter­richtsstoff gequält wer­den, wie Sie sagen, den sie nie ver­ste­hen wer­den, was meinen Sie aber dann damit, dass dies ganz indi­vidu­ell und inten­siv ver­sucht wird? Meine Tochter wird nicht gequält mit “Kul­turtech­niken” im Gesam­tun­ter­richt und ich denke nicht, dass meine Tochter davon eine Neu­rose erhält. Hinzu, wenn Eltern sich entschei­den, den Weg der Inklu­sion bzw. Inte­gra­tion zu gehen, ist dies nicht gle­ich zu set­zen, dass sie nicht akzep­tieren wür­den, sie haben ein behin­dertes Kind. Ich ver­mute, fehlende Annahme oder Akzep­tanz hat nichts mit dem Weg zu tun, welchen das Kind gehen soll oder anders gesagt, ich ver­mute, Eltern die ihr Kind auf eine Son­der­schule geben, akzep­tieren genau­so wenig oder viel die Behin­derung des Kindes wie Eltern, dies sich für den Weg der Inte­gra­tion entschei­den. Das eine Inte­gra­tion gelingt, kann eine schwierige Auf­gabe sein und auch mit Fehlschlä­gen ver­bun­den sein. Es ist in vie­len Gebi­eten in Deutsch­land Neu­land und muss gel­ernt, auch wo die Gren­zen liegen kön­nen. Ich finde, der bish­erige Son­der­weg hat der Gesellschaft nicht gut getan und sorgt auch dafür, dass Men­schen mit Behin­derung auf Bar­ri­eren tre­f­fen, wo keine sein müssten z.B. Behör­den haben keine For­mu­la­ren in ein­fach­er Sprache. Der Son­der­weg hat auch dafür gesorgt, dass viele junge Men­schen nicht wis­sen, wie sie mit Men­schen mit Behin­derung umge­hen kön­nen und pflegt Vorurteile und Äng­ste. Inte­gra­tion oder Inklu­sion, wie sie vom Mod­ell auch ausse­hen mag, ist eine wichtige Kul­turtech­nik für eine Gemein­schaft, in der Behin­derung nicht mehr prob­lema­tisiert wird. Inte­gra­tion in die Schule sollte auch nicht mit Einzelin­te­gra­tion gle­ichge­set­zt wer­den. Es kann z.B. auch eine Son­der­schule mit ein­er reg­ulären Schule zusam­men ver­schmelzen an den gemein­samen Schnittpunk­ten wie den “Kul­turtech­niken” Musik und Sport

Von dirkstr

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