Nach dem Totensonntag

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Heu­te sind wir seit vier Wochen nach der Reha­kli­nik zu Hau­se, und ich habe mir immer noch nicht die Fra­ge beant­wor­tet: Was ist ein Intensivkind?

Klar ist, es ist mit Krank­heit ver­knüpft, so wie in unse­rem Fall. Aber ich möch­te die­se Ant­wort jetzt nicht fin­den. Es ist mir alles zu unklar dabei. Und Weih­nach­ten, der Advent, rückt ganz nah an uns her­an. Wie mache ich es mir gemüt­lich mit all dem tech­ni­schen Auf­wand im Inten­siv­zim­mer und dem Pfle­ge­dienst, der alles von uns mitbekommt?

Bis Ende des Jah­res, so war immer mei­ne Vor­stel­lung, müss­ten alle wich­ti­gen Din­ge in mei­nem Leben geklärt sein, alle Schul­den getilgt, und mei­ne Gedan­ken soll­ten auf einen neu­en Start aus­ge­rich­tet sein. Die Fra­ge müss­te beant­wor­tet wer­den: In wel­che Rich­tung soll das Leben wei­ter­ge­hen? Und Advent heißt: Als Ers­tes wer­den die Ker­zen her­vor­ge­holt und ein paar Trop­fen vom äthe­ri­schen Öl „Weih­rauch“, gemischt mit Zimt, auf die Scha­le der Duft­lam­pe gegeben.

Steht die Ein­stim­mung, auch ohne grü­ne Zwei­ge, dann müss­te nur noch unse­re klei­ne Madame sich ein wenig auf Weih­nach­ten ein­las­sen. Doch das wird schwer, trotz des Schlum­mer­lichts aus bil­li­gen Salz­kris­tall-Lam­pen, trotz mei­nes Ein­re­dens auf sie, wie man sich jetzt füh­len soll­te. Sie macht ihr eige­nes „Ding“, als hät­te sie nie von Weih­nach­ten gehört. Das ist es auch: Sie ist halt ein Inten­siv­kind, das nicht ver­ste­hend zuhört, mit schwe­rer Wahr­neh­mungs­stö­rung und dem nächt­li­chen Sur­ren einer Beatmungsmaschine.

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by dirkstr

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