“Nur wenn das Leben mit einem behinderten Kind leichter ist, werden sich Eltern öfter dafür entscheiden. Und selbst dann bleibt eine Gesellschaft, die Autonomie und Gesundheit als wichtigste Merkmale eines gelungenen Lebens definiert, latent behindertenfeindlich.” aus: Vernünftige Frist. sueddeutsche.de, 22.04.09
Einen treffenderen Satz hätte man zum Thema “Abtreibung eines behinderten Kindes” bald nicht finden können. In dem Artikel geht es um die kommende drei Tage Bedenkzeit für die Schwangere. Vorweg meint der Autor, die Zahl der Spätabtreibungen wird durch die neue “Frist” nicht sinken. Dies denke ich auch. Das obere Zitat selbst steht als Folgerung des folgenden Satzes:
“Denn dafür bräuchte es Änderungen, die kein Parlament durchsetzen kann:” ebd.
Also kein Parlament kann durchsetzen, dass das Leben mit einem behinderten Kind leichter ist. Dieser Aussage kann ich nicht zu stimmen. Ein Parlament kann für gute Rahmenbedingungen sorgen. Dies fängt an bei den Krankenversicherungen mit deren häufigen restriktiven Umgang bei den Hilfsmittel. Es geht weiter über eine Teilhabesicherung, die einkommensunabhängig sein sollte hin zu Programmen für eine Entlastung pflegender Eltern. Wenn die Eltern wissen, sie haben Anspruch auf Hilfen, ihre finanzielle Belastungen wegen der Behinderung des Kindes halten sich in Grenzen und sie werden kein psychisches Frack, sie bekommen also jederzeit die nötigen Entlastung, so würde dies für ein Ja sorgen. Aber auch, dass das “Parlament” endlich dem Sonderschulweg ein Ende setzt gehört hier hin.
Wissen die Eltern, dass für das behinderte Kind im Land die besten Startbedingungen bestehen, wie es zum Beispiel die UN-Konvention für die Rechte der Menschen mit Behinderung vorsieht, und sie werden in der Schwangerschaft darüber aufgeklärt über die Hilfen und Möglichkeiten, so stellt sich mir schon die Frage: Wird das Leben mit einem behinderten Kind nicht leichter? Es stellt sich nicht nur die Frage, ich denke, es wird leichter. Aber man darf sich nicht darüber täuschen: Der Weg der Eltern, die Behinderung des Kindes zu akzeptieren, es anzunehmen und zu lieben, wie es ist, wird dadurch nicht einfacher, also auch nicht leichter.