Palliativ & Co.: Die Lebensverlängerung — mögliche

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Wo beginnt die Pal­lia­tiv­me­di­zin? Nun, sicher­lich dort, wo man weiß, die Mög­lich­keit einer Hei­lung der Krank­heit besteht nicht: In mehr oder weni­ger kur­zer Zeit führt die­se Krank­heit in den Tod. Die Pal­lia­tiv­me­di­zin küm­mert sich also nicht mehr um die Suche nach einen Heil­mit­tel, son­dern schaut, wie sie mög­lichst eine gute Lebens­qua­li­tät für den Men­schen her­stel­len kann in den letz­ten “Lebens­ta­gen”. Kurz: Es fin­det eine Sym­ptom­be­hand­lung z.B. von Schmer­zen statt. Dane­ben muss sie sich aber auch die Fra­ge stel­len: Wie weit ist eine pal­lia­ti­ve Maß­nah­me lebens­ver­län­gernd und ist eine mög­li­che Lebens­ver­län­ge­rung auch von Inter­es­se aller Sei­ten, also dem schwer Kran­ken, den Ange­hö­ri­gen und den ver­sor­gen­den Fach­kräf­ten wie Ärz­te oder Pfleger?

Eine Lebens­ver­län­ge­rung, nun an sich ist sie in der Pal­lia­tiv­me­di­zin “irgend­wie” auch unver­meid­lich, denn wenn einem Men­schen, des­sen Leid wie Schmer­zen und depres­si­ve Zustän­de gebes­sert wer­den, so kann er wie­der einen Auf­wind erle­ben. Der Kör­per baut eini­ge Res­sour­cen wie­der auf, womit der Mensch erneut zu Kräf­ten kom­men kann. Dies kann schon ein Stück weit das mög­li­che Todes­da­tum nach hin­ten ver­schie­ben. Doch ist dies eine Lebens­ver­län­ge­rung, wie wir sie ver­ste­hen? Also wir füh­ren eine medi­zi­ni­sche Behand­lung durch, womit der Pati­ent län­ger lebt, als ihm der Kör­per vor­ge­ge­ben hat? An sich schon, aber auch wie­der­um nein. Denn zum einen wis­sen wir nicht, wann der Mensch stirbt, also ob er mit dem Leid oder ohne genau­so lan­ge lebt. Das ande­re ist: Unter lebens­ver­län­gern­de Maß­nah­men ver­ste­hen vie­le die Behand­lung im Bereich der Inten­siv­the­ra­pie, also wenn ein Mensch “künst­lich” am Leben erhal­ten wird.

Aber eine sol­che lebens­ver­län­gern­de Maß­nah­me kann allein schon die Nah­rungs­son­de sein, da der Kran­ke nicht mehr aus­rei­chend isst und trinkt. Oder aber es ist das Tra­cheo­sto­ma mit Kanü­le, da es immer wie­der zu Atem­pro­ble­men kommt, weil im Rachen etwas zu eng ist. Mit die­se bei­den Din­ge, so stellt sich die Fra­ge, leben die Men­schen dadurch län­ger? Ein­mal gibt es ein Ja, da man so den Kör­per schützt vor dem Ver­hun­gern und beim Tra­cheo­sto­ma vor dem Ersti­ckungs­tod. Ein Nein gibt es, weil der Kör­per mit gemin­der­ten Res­sour­cen trotz­dem noch lan­ge leben kann und es für den Kran­ken mehr Leid bedeu­tet, wenn er nicht genug Nah­rung bekommt, aber Hun­ger ver­spürt oder die gan­ze Zeit, über Mona­te, um Luft kämpft.

Wie muss man sich ent­schei­den? Ab wann wäre denn ein Luft­röh­ren­schnitt eine Lebens­ver­län­ge­rung? Dies ist schwie­rig, und doch so mei­ne Erfah­rung, kann man ver­su­chen, es ratio­nell zu beant­wor­ten: Zuerst soll­te die Fra­ge beant­wor­tet wer­den, wie weit “weg” ist der Pati­ent von sei­nem natür­li­chen Tod, also dem Tod, der durch sei­ne Erkran­kung und dem all­ge­mei­nen Zustand kommt. Sind es noch weni­ge Stun­den, dann macht ein Tra­cheo­sto­ma sicher­lich kein Sinn. Eine ande­re Fra­ge wäre: Hebt das Tra­cheo­sto­ma wirk­lich das Leid auf, also wer­den dadurch Sym­pto­me gelindert?

Und möch­te der schwer Kran­ke über­haupt ein Luft­röh­ren­schnitt? Dane­ben steht dann natür­lich noch die emo­tio­na­le Beant­wor­tung sol­cher Ent­schei­dun­gen, die auch ihre Beach­tung fin­den müs­sen. Denn wenn ein Mensch stirbt, so spielt das Erle­ben der gesam­ten Situa­ti­on ein wich­ti­ge Rol­le, wenn nicht sogar die wich­tigs­te. Ent­schei­dun­gen über ärzt­li­che, pfle­ge­ri­sche Maß­nah­men wer­den nicht nur aus ratio­na­len Grün­den abge­lehnt oder befür­wor­tet, son­dern auch “gefühls­mä­ßig”. Dies gilt für den schwer Kran­ken, für die Ange­hö­ri­gen, aber auch für alle Betreu­er. Sie müs­sen nicht nur ratio­nal die Ent­schei­dun­gen begrei­fen, son­dern auch mit ihren Gefüh­len die­se tra­gen kön­nen. Denn der Tod, wie auch der Ster­be­pro­zess, bedarf nicht nur eine Kop­f­er­klä­rung, in dem Sin­ne: Es ist eben so. Son­dern jeder muss emo­tio­nal am Ende damit klar kom­men, was schwie­rig sein kann, wenn der Ster­be­pro­zess nur ein ein­zi­ges Leid war ohne schö­ne Momen­te und man am Ende immer das Gefühl hat: Hät­te ich lie­ber auf mei­nen Bauch gehört.

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by dirkstr

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