Pflegedienst & Angehörige: Ein Interview mit dem Portal Pflegehilfe

Was denken die Akteure der Gesund­heits- und Pflegewirtschaft über die Ange­höhri­gen, über die Entwick­lung und den Gegeben­heit­en in der pro­fes­sionellen Alten- und Krankenpflege in Deutsch­land? — Eine Frage, die ich mir häu­fig stelle, wenn ich bei der Net­zreise, auf Twit­ter oder Google+ auf ver­schieden­ste Unternehmung rund um die Pflege treffe.

johannes haas berater

Vor kurzem hat­te sich der Kon­takt mit Johannes Haas, Geschäfts­führer der Pflege­hil­fe, ergeben. Ich habe die Chance genutzt, nachzufra­gen in einem Interview:

1.Wie stellt sich aus ihrer Sicht der Pflegenotstand dar?

Der Pflegenot­stand hat sich seit der Grün­dung der Pflege­hil­fe sig­nifikant ver­stärkt und nimmt vol­lkom­men neue Aus­maße an. Es ist hin­länglich bekan­nt, dass die Rekru­tierung von qual­i­fiziertem Per­son­al der eigentliche Eng­pass für Dien­stleis­ter in der Pflege ist. Neu ist eine Entwick­lung, die jet­zt auch auf die umliegen­den Län­der ausstrahlt. So haben Agen­turen, die die Betreu­ung von Senioren mit osteu­ropäis­chem Per­son­al anbi­eten große Prob­leme geeignetes Per­son­al, beispiel­sweise in Polen, zu finden.

Aus mein­er Sicht hat diese Entwick­lung aber auch etwas Pos­i­tives. Langsam, aber stetig, stiegen die Anmerkung und die Löhne in der Pflege. Wir sind da noch lange nicht da, was ich per­sön­lich für gerecht­fer­tigt erachte, aber die Ten­denz ist zumin­d­est aus Sicht der Pflegekräfte die richtige.

2.Welche Maßnahmen könnten dem Pflegenotstand entgegen wirken?

Ich denke, es ist wie mit allem: Was rar ist, wird geschätzt. Dort haben wir in der Pflege deut­lich­es Aufholpo­ten­tial. In Summe freue ich mich aber, dass sich um eine qual­i­fizierte Pflegekraft jet­zt die Arbeit­ge­ber bewer­ben. Das kommt meinem Bild von men­schlich­er Wertschätzung schon recht nahe, auch wenn in der Prax­is diese Wertschätzung lei­der nicht jeden Tag zum Aus­druck kommt.

3.Welche Entwicklungen würden Sie in der Pflegepolitik begrüßen? Sind die bestehenden Angebote ausreichend?

Das kann ich ehrlicher­weise nur unzure­ichend beurteilen. Deswe­gen würde ich hier gerne passen.

4.Wird in der Beratung, die sie anbieten, die Belastung der Angehörigen deutlich?

Aber natür­lich. Wir merken jeden Tag, welche große Belas­tung die Ange­höri­gen tra­gen und wie sie mit der Sit­u­a­tion über­fordert sind. Deshalb ver­suchen wir einen möglichst ein­fachen und den­noch umfassenden Ansatz die Betrof­fe­nen mit den wichti­gen Infor­ma­tio­nen, Pro­duk­ten und Dien­stleis­tun­gen zu versorgen.

5.Wie ist es zu dem Portal gekommen?

Ich betreibe das Por­tal zusam­men mit meinen bei­den Brüdern. Uns hat die Her­aus­forderung gereizt für diesen lebenswichti­gen Bere­ich eine ein­fache Infor­ma­tion­squelle zu schaf­fen. Das Por­tal gibt es seit 2008 und hat ursprünglich Pflege­heime und Pflege­di­en­ste gelis­tet. Nun bieten wir sehr viele Dien­stleis­tun­gen darum an, zum Beispiel Trep­pen­lifte, Haus­notruf und die 24 Stun­den Betreuung.

6. Sie werben mit einer unabhängigen Bewertung von Angehörigen. Eine Bewertung der professionellen Pflege durch Laien kann deutlich von der wirklichen Pflegequalität abweichen. Gibt es noch andere Bewertungssysteme?

Da bin ich Real­ist. Die Bew­er­tung ein­er Pflegeein­rich­tung ist per se höchst sub­jek­tiv. Allerd­ings wehre ich mich dage­gen, dass Laien diese nicht qual­i­fiziert bew­erten kön­nen. Aus mein­er Sicht sind die Erfahrun­gen der Ange­höri­gen, die eine Ein­rich­tung oft­mals über einen län­geren Zeitraum erleben, min­destens genau­so wichtig wie die des MDKs, der den Zus­tand an einem Stich­tag beurteilt.

7. Wie betrachten Sie Pflegenoten? Sind diese relevant zu einer Beurteilung einer Einrichtung / eines Dienstes?

In der Prax­is haben sich die Pflegenoten des MDK bish­er, aus mein­er Sicht, nicht wirk­lich bewährt. Zu oft bericht­en mir Ange­hörige von katas­trophalen Missstän­den in Ein­rich­tun­gen, die der MDK mit 1,0 bew­ertet hat. Aber bitte ver­ste­hen Sie mich nicht falsch, ich begrüße die Bew­er­tung von Anbi­etern und bin mir dur­chaus bewusst, dass es ein länger­fristiges Pro­jekt ist. Ins­beson­dere freue ich mich über die zunehmende Diskus­sion über Qual­ität in der Öffentlichkeit.

8.Auf was sollten Betroffene achten bei der Wahl eines Pflegedienstes?

Aus mein­er Erfahrung spielt das Bauchge­fühl bei der Entschei­dung eine entschei­dende Rolle. Deswe­gen halte ich es für zuläs­sig und effek­tiv dieses mit fol­gen­der Frage zu prüfen: Wür­den ich gerne von diesem Pflege­di­enst betreut wer­den? Muss ein Ange­höriger diese Frage verneinen, dann sollte die Wahl auf einen anderen Anbi­eter fallen.

Vie­len Dank für das Inter­view an Her­rn Johannes Haas.

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