Es gibt kein Zurück aus dem Pflegenotstand. Corona-sei-dank. Oh nein, es ist nicht der Virus oder die Pandemie, die den Fachkräftemangel „erzeugt“.
Wer ist dann schuld?
Vergesst die Schuldfrage, die ist zu häufig gestellt worden. Dieser Notstand bestand vor Corona und ja, es gibt verschiedene Ursachen.
In der ambulanten oder häuslichen Kranken- und Altenpflege, wie auch die außerklinische Intensivpflege, fährt sich aktuell dieser Notstand besonders heiß.
Zumindest wenn ich die News verfolge, wird es mir deutlich.
Pflege und Inflation und Tariflohn
Die ambulante Pflege leidet mit der Inflation, denn ein wichtiges Mittel von Familie Schubert zu Familie Albrecht zu kommen ist das Auto mit Verbrennermotor.
Die Spritpreise steigen, aber nicht die Vergütung der Kranken- und Pflegekasse. Also mindert es die Einnahmen und damit kann ein Pflegedienst nicht mehr investieren in sein Unternehmen, abgesehen von einem „gewünschten“ Gewinn.
Dazu gesellt sich, dass ab September 2022 die Pflegedienste, wie auch Pflegeheime, sich an einen Tarif anlehnen müssen oder an den gemittelten Tariflohn.
Einige Dienste, die bisher keinen Tariflohn zahlen und mit dem Lohnniveau darunter liegen, werden ab nächsten Monat erhöhte Personalausgaben erleben.
Das kann, verkürzt gesagt, bedeuten, der eine oder andere Dienst wird seine Arbeit einstellen oder seinen Pflegekundenstamm einschränken. Unter anderem, weil er seine angefahrene Region verkleinert.
Als pflegende Eltern oder Angehörige heißt es: Hey, wir finden keinen Pflegedienst.
Daneben trudelte alle zwei Monate bei mir eine Meldung rein, dass Familien mit einem Intensivkind von ihrer pflegerischen Intensivversorgung gekündigt wurde. Entweder, weil der Intensivpflegedienst nicht das benötigte Geld von der Krankenkasse bekommt oder wegen Personalmangel.
Also sag Adieu, häusliche Krankenpflege.
Pflege und wir reden von Fachkräften
Pflegepersonal zu finden, das ist doch nicht schwer, höre ich am Telefon einen Typen einer Recruiting-Firma sprechen, die sich auf Facebook, Instagram & Co. zur Mitarbeitersuche spezialisiert hat. Wir vermittelten innerhalb weniger Wochen mehrere Pflegekräfte.
Doch wenn ich darauf verweise, ich suche Pflegefachkräfte für unser PflegeTeam ZitronenZucker, dann wird es stiller auf der anderen Seite.
Pflegekräfte sind nicht gleich Pflegefachkräfte. Viele dieser Firmen verstehen unter Pflegekräften alles, was „irgendwie“ für und in der Pflege arbeitet. Pflegeassistent:innen, Pflegehelfer:innen bis hin zur Haushaltshilfe oder der ungelernten Assistent:in oder Betreuer:in.
Der Pflegenotstand bezieht sich besonders auf die Pflegefachkräfte wie Gesundheits- und Krankenpflegerin, Altenpflegerin oder Kinderkrankenpflegerin.
Diese haben eine dreijährige Berufsausbildung mit staatlichen Examen. Diese sind zumeist im Job und lesen nicht täglich Stellenanzeigen, wenn überhaupt.
Oder es sind Bewerber:innen, die häufig wegen familiären Umständen oder Kindern, nur zu bestimmte Arbeitszeiten eine Stelle antreten können.
Das ist okay, aber löst bei uns nicht die Personalnot, wenn ich eine Fachkraft für Nachtdienste benötige und es melden sich nur Leute, die montags bis freitags von acht bis sechzehn Uhr arbeiten können.
Der Pflegemarkt bei den Hilfskräften kann, je nach Region, auch angespannt sein oder noch „moderat“. Das heißt, innerhalb weniger Wochen habe ich eine Chance, eine Bewerbung landet in mein (elektronisches) Postfach.
Häusliche Intensivversorgung — kennt sie einer?
Für die außerklinische Intensivpflege oder Intensivversorgung, gesellt sich noch das erlebte Phänomen: Viele Pflegefachkräfte kennen diesen Arbeitsplatz nicht oder haben zwar eine Idee davon im Kopf, doch auch so viele Fragezeichen darin, dass sie sich dort nicht bewerben.
Und einige sind abgeschreckt, weil sie auch dort Arbeitsbedingungen erleben (oder hören) wie ständiges Einspringen und das Arbeitszeitgesetz wird verletzt.
Andere lesen über die Intensiv-WG von einem 1:3 — Schlüssel. Also eine Fachkraft auf drei Patienten. Intensivpflege und drei Patienten gleichzeitig zu pflegen, schreckt ab.
Doch in der häuslichen Intensivpflege bei den Familien liegt der Schlüssel 1:1, also eine Fachkraft auf einem Intensivkind. Das ist nötig, denn die Menschen, die darauf angewiesen sind, haben eine komplexe Erkrankung und benötigen eine ständige Krankenbeobachtung, weil jederzeit eine medizinische Maßnahme notwendig werden kann.
Ohne die Pflegefachkraft kann ein Schulkind mit Intensivpflege nicht in die Schule gehen oder ein Erwachsener mit Assistenzbedarf seinen Job nachgehen.
Sie und wir können nicht Adieu sagen der häuslichen Intensivversorgung.