6.45 Uhr

6

Immer um 6.45 Uhr mor­gens, immer. Es gibt kei­nen Aus­weg. Um 7.00 Uhr will der Pfle­ge­dienst hin­ter sich die Woh­nungs­tür schlie­ßen und wir wer­den dann wie­der Fami­lie. Kein Aus­weg. Der Wecker schrillt mor­gens sei­ne Melo­die. Die Melo­die zieht in die Ohren, drückt sich ins Hirn ohne einen freund­li­chen Gruß. Auf­ste­hen brüllt die Moral­in­stanz, sonst ist es pein­lich, wenn die Schwes­ter nicht pünkt­lich unse­re Woh­nung ver­las­sen kann oder uns sogar wecken muss. 6.45 Uhr, Jeden mor­gen, ob Sams­tag, ob Fei­er­tag und kla­ge bloß nicht. Die Kin­der der ande­ren ste­hen auch früh im Bett und … Die Kin­der der ande­ren nimmt man dann mit ins eige­ne Bett und titu­liert es als Kuscheln. Guten Mor­gen, kaum öff­net man die Tür vom Schlaf zum Flur, knackt es im Kopf und Käl­te durch­fließt einen. Schluß mit dem Pri­vat, ab hier beginnt das öffent­li­che Leben, wie in einer Wohn­ge­mein­schaft, wo die Eltern des Freun­des mit über­nach­ten. Doch gehen die Eltern wie­der, bis auf irgend­wann, am Ende des Semes­ters, und der Pfle­ge­dienst geht auch, kommt aber Abends wie­der. Und bis dahin ist alles pri­vat, zumin­dest bis man selbst das Haus ver­lässt oder der Paket­dienst klin­gelt. Ganz pri­vat formt sich der Tag, zieht sich zur Nacht und um 21 Uhr: Die Pfle­ge­kraft läu­tet, ein tro­cke­nes Guten Abend stellt die Öffent­lich­keit her , außer ich schlie­ße die Tür zum Flur, zur umwach­ten Madame.

Über den Autor

Kommentar

by dirkstr

Kategorien

Neueste Beiträge

pflegezirkus