Sie pflegen und Sie möchten das ihre Leistung, ob es Ihr schwerst behindertes Kind ist oder eben Ihre Mutter, auch in einen Ausgleich mündet, das Pflegegeld. Schließlich opfern Sie ihre Zeit, opfern Chancen in Ihrer beruflichen Laufbahn und sogar so manche lieb gewonnene Freundschaft. Doch wir leben in der Minutenmedizin. Eine ärztliche Behandlung rechnet sich nach Minuten. Das Arztgespräch, wie viele sicherlich wissen, dauert aktuell in Deutschland um die sieben Minuten.
Und wenn der Arzt im Zeittakt arbeitet, so darf dies in der Pflege nicht fehlen.
Jede Pflegemaßnahme, sei es das Waschen von Kopf bis Fuß oder der Toilettengang, hat seine zeitliche Beschränkung. Sie schlucken, Sie kennen das Thema. Zeit ist der Grund, warum die Gutachterin vom MDK Ihnen die Pflegestufe 2 aberkannt hat. Sie brauchen mehr Zeit für das Pflegen, doch die Gutachterin meint, Sie brauchen es nicht. Und jetzt gibt es noch ein Urteil vom Bundessozialgericht. Die Pflegezeit muss genau angegeben.
Nichts mit aufrunden, denn das könnte dann im nächsten Gespräch eventuell Ihnen die Gutachterin vorwerfen: Sie runden hier und dort die Pflegezeiten auf. Sie müssen es schon genau auf die Minute, halbe Minute den jeweiligen Pflegeaufwand angeben.
Aber, Sie denken es gibt ein aber. Gibt es nicht. Auch wenn Sie pro Tag drei Stunden brauchen zur Gestaltung der Nahrungsaufnahme und manchen Tages drüber sind, weil die Epilepsie oder die einschießende Spastik immer wieder die Fütterrunde unterbricht. Die Zeit ist genau zu nehmen, denn wenn es nur Ausnahmen sind, gilt es wohl kaum.
Sie stöhnen, die Gutachterin war doch nur für einen kurzen Moment da, wie kann die es denn wissen? Und muss ich jetzt immer mit einer Stoppuhr die Pflegerunden messen. Bloß nicht, dass Sie eine Woche unter dem Zeitaufwand ihrer gewährten Pflegestufe kommen. Sie müssen als Pflegende schon ordentlich aufpassen. Wie gesagt, aufrunden gilt nicht.
Und passen Sie auf, wenn Sie jemand anderen pflegen lassen. Dieser braucht eventuell nicht so lange wie Sie oder sogar noch länger. Das ist nicht nur bei Laien so, sondern auch eine Tatsache unter Profis. Und sicherlich ist durch das Hin und Her mit den Minuten nichts mehr da für liebevolle Pflege. Denn diese dauert jeden Tag unterschiedlich, je nach dem, wie gut oder schlecht Ihr schwer krankes Kind oder die Mutter sich fühlt oder gibt. Solche individuellen Feinheiten, die Pflegekasse braucht sie nicht, außer Sie vielleicht mit dem Gedanken an eine humane Pflege.
Schätzen Sie sich einfach glücklich, wenn Sie mit den täglichen Pflegeminuten weit über das Geforderte liegen und so Ihre erwünschte Pflegestufe gesichert haben. Sie sind nicht damit glücklich? Das Pflegegeld der Pflegestufe drei ist zu gering als Lohn. Sie können damit nicht einmal halb Ihren Lebensunterhalt sichern, und einen Job können Sie aufgrund der hohen Pflegeminuten vergessen. Es bleiben eben nur die Ersparnisse oder das geliebte ALG II hinzuzunehmen. Und hier wird auch nicht aufgerundet, bloß weil Sie Pflegende sind und denken könnten, dass Sie der Gesellschaft doch einen wertvollen Dienst leisten würden. Machen Sie ja, doch mit der Wertschätzung gibt es eben für ein solch soziales Engagement so einige Probleme.