Eingetragene Pflegeperson ist Ehrenamt gleich Doppellast

E

Sind Sie auch pflegende/​r Angehörige/​r und bei der Pfle­ge­kas­se die ein­ge­tra­ge­ne Pfle­ge­per­son. Ich bin es und letz­te Woche brach­te die Post einen Brief von der Pfle­ge­kas­se. Sie woll­ten bestä­tigt bekom­men, das ich noch die Pfle­ge­per­son für das Inten­siv­kind bin. Kein Pro­blem und auf dem bei­geleg­ten Info­blatt lern­te ich: Als Ange­hö­ri­ger in der Pfle­ge füh­re ich die­se Auf­ga­be im Ehren­amt aus. Aus die­ser Per­spek­ti­ve, mit die­ser Defi­ni­ti­on habe ich nie auf mei­ne „Lai­en­pfle­ge“ geschaut. Das Wort „Ehren­amt“ wer­tet die­se häus­li­che Arbeit auf und zeigt:

  • die Pfle­ge­zeit beim Inten­siv­kind ist Arbeitszeit
  • es ist eine voll­wer­ti­ge Tätig­keit, die auch ohne Aus­bil­dung aus­ge­führt wer­den kann
  • ich habe mich für die­se Arbeit, die­ses Amt ent­schie­den mit all den Konsequenzen
  • eine direk­te Für­sor­ge­pflicht mei­nes „Auf­trags­ge­ber“ ent­fällt; ich muss selbst auf mei­ne Res­sour­cen achten;
  • das Ehren­amt stellt kein Arbeits­ver­hält­nis dar
  • ich kann jeder­zeit das Ehren­amt niederlegen
  • es gibt kei­ne Ent­loh­nung mei­ner Tätig­keit; maxi­mal eine „Auf­wands­ent­schä­di­gung“ durch das Pflegegeld

2014-05-29_puppesonde_1860Beson­ders deut­lich ist mir gewor­den: Die Pfle­ge­zeit ist Arbeits­zeit. Also bin ich in zwei „Jobs“ tätig mit all den ent­spre­chen­den Belas­tun­gen. Damit erhöht sich mei­ne wöchent­li­che Arbeits­zeit. Ich bin dadurch dop­pelt belas­tet und muss ver­stärkt auf mei­ne Res­sour­cen achten.
Dazu zeigt mir die­se Betrach­tung „Häus­li­che Pfle­ge ist ein Ehren­amt“ auch Vorteile:

  • die Betrach­tung „Job“ ermög­licht mir, auch eine Distanz zu mei­ner Arbeit einzunehmen
  • wie bei jeden Job ver­su­che ich das Bes­te zu geben, was ich in der jewei­li­gen Situa­ti­on ver­mag mit all mei­nen Res­sour­cen und Können
  • Ehren­amts­zeit als Arbeits­zeit räumt mei­nen Ter­min­pla­ner auf und schafft Struk­tur in mei­nen All­tag: Mor­gens von 6 bis 7 Uhr bin ich im Ehrenamt
  • es ist klar: Ich ste­he mit dem pro­fes­sio­nel­len Pfle­gen­den auf einer Ebe­ne am Pfle­ge­bett; jeder erfüllt sei­nen „Job“, der Pro­fes­sio­nel­le bringt dazu sei­ne „Pro­fes­si­on“ ein; er oder sie stei­gert damit die Pfle­ge­qua­li­tät, sichert Pfle­ge­pro­ble­me ab und reflek­tiert sein Han­deln mit Effi­zi­enz und (Er-)Folgen
  • im Außen­bild, wenn ich das Ehren­amt „Pfle­ge“ als allei­ni­gen Job mache, wird klar, ich bin berufs­tä­tig und erfül­le für die Gesell­schaft eine wich­ti­ge Aufgabe.

Über den letz­ten Stich­punkt mag ein jeder mit mir strei­ten. Wenn mei­ne Pfle­ge­tä­tig­keit so wich­tig ist für unse­re Gesell­schaft, war­um wird sie nicht ent­lohnt? Ich als Pfle­ge­per­son habe sogar ein Armuts­ri­si­ko. War­um erfährt die „Lai­en­pfle­ge“ nicht mehr Wertschätzung?

2014-06-04_Zimmer01Aus einer ver­kürz­ten Sicht liegt es viel­leicht an der Nähe zu der unent­gelt­li­chen „Haus­ar­beit“, aber auch, weil bezahl­te Arbeit über den Ehren­amt gesetzt wird. Nicht ohne Grund, denn vom Ehren­amt kann ich mich nicht ernäh­ren oder mei­ne Mie­te zah­len. Dazu kommt, das Ehren­amt ist auf dem ers­ten Blick nicht mit einer Pro­fes­si­on ver­bun­den. Es ist Lai­en­tä­tig­keit, die in vie­len Fäl­len nur einer Schu­lung oder Befä­hi­gung bedarf (oder auch gar nichts). Ein Befä­hi­gungs­kurs ist kei­ne Ausbildung.

Und ich sehe als wich­tig an, wenn wir die häus­li­che Pfle­ge absi­chern wol­len, dann muss für eine „Auf­wands­ent­schä­di­gung“ der Lai­en­pfle­ge­kräf­te gesorgt wer­den, die den Lebens­un­ter­halt sichert. Pfle­ge­zeit ist Arbeits­zeit. Eine Zeit, in der ich mei­nem Lohn­job nicht zu Ver­fü­gung stehe.

Über den Autor

Kommentar

by dirkstr

Kategorien

Neueste Beiträge

pflegezirkus