Ab in den Urlaub. Oh nein, mit dem Intensivkind, mit außerklinischer Intensivpflege (AKI) funktioniert das denn?
Nicht so, wie es all die Familien können, die häusliche Pflege nur von den Großeltern kennen.
Und doch, ein Urlaub ist möglich, wie in Teil Eins beschrieben. Lies jetzt weiter – es startet mit Mehrkosten, die den Familien mit AKI entstehen.
Mit dem Pflegedienst in den Urlaub – eine Dienstreise für die Pflegefachkraft
Welche Unkosten haben wir als pflegende Eltern für diese Dienstreise?
Der Pflegedienst bekommt in der Regel von der Krankenkasse die Pflegekosten – großer Anteil sind Personalkosten – und was für die Sicherung der Pflege und Qualität benötigt wird, finanziert.
Die Preisverhandlungen in diesen Bereich sind aktuell sehr hart.
Doch, je nach Vertrag zwischen Krankenkasse und Pflegedienst, können Fahrtkosten zum Wohnort verrechnet werden.
Auf dieser Grundlage kann der Pflegedienst mit den pflegenden Eltern besprechen, welche Kosten die Eltern übernehmen müssen, wenn sie die Pflegekräfte mit in Urlaub nehmen, wie
- An- und Abfahrtskosten der Pflegefachkraft zum Urlaubsort,
- Kosten für die Unterkunft.
Zu beachten ist, dass die Anfahrt bei Dienstreisen auch als Arbeitszeit gilt.
Einige Familien lösen die An- und Abfahrt deshalb geschickt so, dass die Pflegefachkraft beim Intensivkind mit fährt und es somit während der Fahrt begleitend versorgt.
Manche Kinderkrankenpflegedienste werden auch mit Spenden unterstützt oder sie kennen eine Stiftung, die genau solche Fälle (teil-)finanziert wie die Urlaubsbegleitung.
Einfach mal fragen.
Welche Kosten kommen auf die pflegenden Eltern wegen der Grundpflege zu?
Im Urlaub ist vieles anders als Zuhause. Auch in der Pflege.
Wenn Zuhause die Eltern die Grundpflege selbst übernehmen, kann es im Urlaub passieren, dass sie verhindert sind wegen Ausflügen oder einem abendlichen Essen.
Falls keine besondere Regelung schon besteht wegen der Grundpflege, sollte auch mit dem Pflegedienst besprochen werden, wie die Grundpflege verrechnet werden kann.
Kann die Verhinderungspflege eingesetzt werden? Dies sollte der Pflegedienst beantworten können.
Im Urlaub möchten die Eltern mehr Pflegestunden als die bestehende Verordnung außerklinische Intensivpflege hergibt.
Nach der bisherigen Rechtslage 2022 war oder ist es möglich, jederzeit eine neue Verordnung Häusliche Krankenpflege für die außerklinische Intensivpflege auszustellen.
Dies auch, wenn es schon eine Verordnung für diesen Zeitraum gibt. Es gilt dann immer die zuletzt ausgestellte Verordnung für diese Zeit.
Zum Beispiel kann eine Verordnung mit höherem Stundenumfang der Intensivpflege für die Sommerferien ausgestellt werden, was sich auch gut begründen lässt, da Betreuungszeiten für das Intensivkind in der Kita oder Schule wegfallen.
Ich selbst kannte zwei Familien, die gute Erfahrung mit ihrer Krankenkasse für solche Fälle hatten, wenn sie und der Pflegedienst die Krankenkasse dazu informierten, dass nach dem Sommer wieder die vorherige Stundenhöhe gelten soll.
Doch ist jede Krankenkasse oder die /der Sachberarbeiter:in nicht gleich.
Wer diesen Weg gehen will, sollte zumindest die Stundenerhöhung rechtzeitig vorher verordnen lassen, falls die Krankenkasse ein Gutachten darüber einleitet oder anderweitig Zeit benötigt.
Und falls es abgelehnt wird, sollte ein Plan B existieren, denn für einen Widerspruch wird wohl vor dem Urlaub nicht die Zeit bleiben.
Ob dieser Weg auch weiterhin ab 2023, mit dem Intensivpflegegesetz §37c SGB V (IPreG) funktioniert, muss sich wohl erst zeigen.
Alternativ kann für mehr Pflegestunden im Urlaub auch die Ersatz- /Verhinderungspflege eingesetzt werden.
Wenn die Familie ein Monatskontingent an Pflegestunden hat, kann mit der Dienstplanung vom Pflegedienst besprochen werden, ob an den Urlaubstagen mehr Stunden als sonst genommen und dafür an anderen Tagen im Monat weniger oder keine Stunden abgerufen werden.
Solange das Kontingent eingehalten wird, sollte es keine Probleme geben.
Was zahlt das Sozialamt, die Eingliederungshilfe für den Urlaub?
Nun ja, wer hier Lösungen sucht, sollte mit dem Sozialamt ins Gespräch gehen, zum Beispiel als Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben oder im Bereich „Hilfe zur Pflege“.
Hilfe zur Pflege greift in der Regel nur, wenn euer Pflegedienst die gesamten Pflegesachleistungen über die Pflegekasse erhält.
Wenn das Intensivkind Anspruch auf Teilhabeleistungen hat, kann dies geprüft werden.
Vielleicht lässt sich für den Ermessensspielraum gut begründen und aktuell lief auch ein Rechtsstreit durch die Instanzen zur Teilhabeleistung und Urlaub.
Dazu muss gesagt, dass viele Teilhabeleistungen abhängig vom Einkommen und Vermögen sind. Aber es könnte für Familien mit geringen Einkommen ein Weg sein.
Klar, es muss hier erst eine Grundlage dafür geben. Eine Option wäre, mal beim Familienentlastenden Dienst anfragen oder der Lebenshilfe vor Ort.
Vielleicht gibt es Optionen, sich als Familie einer geförderten Gruppenreise anzuschließen.
Können wir als Familie für den Urlaub das Pflegegeld einsetzen?
Ja. Aus Erfahrung würde ich das Pflegegeld auf Kombinationsleistung umstellen. Das bedeutet, der Pflegedienst kann den Betrag für Pflegesachleistung abrechnen, wodurch mehr Geld zu Verfügung steht.
Werden die Pflegesachleistungen nicht aufgebraucht, so bekommt die Familie noch einen Restbetrag an Pflegegeld selbst ausgezahlt.
Wichtig ist: Die Kombinationsleistung, aus eigener Erfahrung, sollte rechtzeitig bei der Pflegekasse beantragt werden. Also ein oder zwei Monate vor dem Urlaubsmonat.
Die Frage ist auch, ob der Pflegedienst die Pflegesachleistung stundenweise abrechnen kann.
Dazu befragt euren Pflegedienst, da der Leistungskatalog unterschiedlich sein kann von Bundesland zu Bundesland.
Stichwort ist Zeitpauschale oder Zeitvergütung. Eventuell lässt es sich auch mit der Pflegekasse direkt verhandeln.
Ein Grund dafür kann sein, weil die Grundpflege bei Kindern zeitaufwendiger sein kann wegen fehlender Kooperation oder wenn über Nahrungssonde per Bolusspritze das Essen sondiert wird. #
Dieser erhöhte Zeitaufwand in der Grundpflege benötigt eine Einzelfallregelung.
Der Pflegekasse kann es am Ende egal sein, ob per Zeit oder pro Leistung abgerechnet wird, weil das Pflegegeld oder die Pflegesachleistungen pro Monat gedeckelt sind.
Ist der Betrag von der Pflegekasse aufgebraucht, ist er aufgebraucht. Mehr gibt es nicht und der Auftraggeber für die Grundpflege ist die /der Versicherte, mit dem Sorgerecht der pflegenden Eltern.
Wenn die /der Pflegekunde mit der Leistung vom Pflegedienst zufrieden ist, was will man als Pflegekasse mehr.
Gibt es Stiftungen, die beim Urlaub unterstützen?
Wir als Familie hatten zuletzt mit der Regelung der vergünstigen Familienzeit Urlaubskosten gespart (Corona-Auszeit).
Die Welt der Stiftungen und Spender:innen ist bunt und entwickelt sich immer weiter.
Zum einen fördern der Bund oder Stiftungen Ferienorte, wo Menschen, Familien mit Behinderung Urlaub machen können.
Dies wäre eine Option, doch schränkt es die Wahl des Urlaubsortes ein.
Eine Recherche über Stiftungen könnte gut funktioniere, vermutlich muss dafür ein guter zeitlicher Vorlauf geplant werden. Denn wenn eine Stiftung gefunden wurde, ist die Frage, wann kann eine Unterstützung beantragt werden und wie werden die Gelder vergeben.
Ist man an ein Kinderhospiz oder einen Kinderhospizdienst angebunden, dann fragt dort nach. Diese haben viel Kontakt zu Spender:innen und vielleicht gibt es eine:n Spender:in, die genau dafür Gelder bereitstellt.
Geld kommt zurück vom Finanzamt
Bei der Urlaubsplanung mit dem Intensivkind sollte man mit bedenken, wenn ihr als pflegende Eltern im Job Lohn- oder Einkommenssteuer zahlt:
Für den Mehraufwand wegen der Behinderung oder der Pflege gibt es mit der Steuererklärung Geld zurück.
Die Pauschalen wie für Fahrtkosten, Pflegekosten oder die Behindertenpauschale sind 2021 erhöht worden.
Voraussetzung ist aber, ihr habt den passenden Pflegegrad und einen Schwerbehindertenausweis.
Allein dafür lohnt sich der Schwerbehindertenausweis und den Pflegegrad zu beantragen.
Der Pflegegrad sollte auch jährlich selbst geprüft werden, wenn man keinen hohen Pflegegrad hat, ob jetzt der höhere Pflegegrad möglich wird.
Mehr zur Steuer? Hier gibt es vom BvKM eine ausgezeichnete Merkblatt als PDF.
Ausblick
Es gibt einige Vereine und auch Pflegestützpunkte, die sich dem Thema Pflege, Behinderung und Urlaub annehmen. Dort gibt es sicherlich weitere gute Informationen:
- https://philip-julius.de/urlaub/
- https://www.pflegestuetzpunkteberlin.de/thema/reisen-auszeit-und-erholung/
Ich hoffe, dies schafft einen Einblick. Kennst Du noch Tipps und Tricks für den Urlaub mit dem Intensivkind? Ist was falsch? Schreib mir oder kommentiere.