Der Begriff Integration war für mich einfach eindeutig — ich wusste vom ersten Tag an, was gemeint war. Wir binden das Intensivkind in den Alltag und Struktur ein, welche für 90% der Bevölkerung geschaffen worden ist. Kurz gesagt: Nicht jede Treppe braucht einen Fahrstuhl und Wohnungen brauchen keine breiten Türen. Das Intensivkind wird in diese Welt eingefügt, bekommt seinen Platz und wird in dem Alltag der 90% eingebunden. Was nicht klappt, klappt nicht oder anders: Die Welt der 90% braucht sich nicht auf die andere Art, die andere Wahrnehmung, die andere Bewegung und das andere geistige Verstehen einstellen, sich zurück stellen. Oder doch?
Inklusion — die Definition habe ich ein paar mal gelesen von verschiedenen Menschen und es will sich nicht verstehen lassen. Es lässt sich kein eindeutiges Bild bauen in meinen Kopf. Okay, Inklusion muss gelebt werden, Menschen mit anderen Fähigkeiten können sich genauso einbinden, können am kulturellen Leben teilhaben, ohne einen Antrag stellen zu müssen, ohne vorher einen Kartenabreißer fragen zu müssen: Gibt es hier einen Lift für den Rollstuhl? Die Welt interessiert sich nicht mehr dafür, ob ich mit dem Rollstuhl das Theater aufsuchen muss oder es eben wie die 90% begehe. Die Welt ist darauf eingerichtet, sie betrachtet die Vielfalt der Menschen als normal und ermöglicht für alle die Teilhabe ohne Barriere. Die Welt hat breite Türen und die 90% haben verstanden, welche Vorzüge eine ebenerdige Dusche hat und dass es für 100% der Bevölkerung gefährlich ist, eine Badtür zu haben, die nach innen aufgeht.
Stopp und trotzdem bin ich noch nicht überzeugt, ob dies Inklusion ist oder ob ich dies unter Integration fassen darf. Inklusion wirkt für mich wie ein Abstraktum, ein Gedankenkonstrukt. Wir verstehen die Welt als vielfältig und die gebaute, gestaltete Welt ermöglicht allen, darin teilzuhaben. Es wirkt nicht greifbar, weil ich es nicht kenne, es nicht visualisieren kann. Okay, also stecke ich noch in der Integration. Wir lernen zu verstehen, was der andere in seiner Vielfalt braucht, damit er im Theater, im Museum oder in der Schule seinen Platz findet.
Oder ist Inklusion wieder ganz anders? Wir sehen die Vielfalt, das Anders des anderen, zum Beispiel seine Art der (Nicht-)Fortbewegung. Wir schätzen es, dass er oder sie einfach da ist. Wir sind befreit von der Idee, die Vielfalt der anderen schränkt mich ein, sondern es fördert mein Bewusstsein, dass mein eigenes Anders okay und wichtig ist, es mich nicht hindert meine Leben gestalten zu können, Lebensqualität zu erleben.