Schule und Tracheostoma: Handschuh steril oder keimarm beim Absaugen

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Absaugka­theter neb­st Latexhandschuh

Wird es nach über 10 Jahren Tra­cheostoma Zeit die haus­in­ter­nen Pflege­s­tandards beim Inten­sivkind zu über­denken? Ja und Nein. Ein Ja gibt es, weil das Gesund­heit­samt der Kom­mune Jena fordert, die Lady müsse mit ster­ilen Hand­schuhen abge­saugt wer­den. Doch von vorne.

In der Schule gab es vom Gesund­heit­samt eine Bege­hung auf­grund von baulichen Verän­derun­gen. Dabei bew­erteten die Mitar­bei­t­erin­nen auch die Pflege beim Inten­sivkind, was in der Zeit durch geführt wurde, wie das Sondieren oder das tra­cheale Absaugen.

Dieser Absaugvor­gang geschieht mit der no(n)-touch Tech­nik mit unster­ilen, sauberen Hand­schuhen. Dies miss­fiel den Begutach­terin­nen. Sie fordern, für das Absaugen bedarf es für die Hand, welche den Absaugka­theter hält und führt, einen ster­ilen Handschuh.

Wir Eltern sehen dies als schwierig an. Für uns bleibt nach dieser Prü­fung die Vari­ante no(n)-touch mit unster­ilen, sauberen (keim­freien) Hand­schuh als die Mögliche.

Absaugen: No(n) Touch mit unsterilem Handschuh

Vor­weg sei gesagt, wer regelmäßig bis zu täglich und viel absaugt, hat ein hohes Train­ing und sollte die Tech­nik des no(n)-touch beherrschen. Die Tech­nik bedeutet, wenn ich den Absaugka­theter aus der ster­ilen Umver­pack­ung nehme, fasse ich den Katheter weit ent­fer­nt von der Katheter­spitze an. Denn diese Spitze wird in die Kanüle einge­führt und saugt das Sekret dort weg. Die Spitze und alles, was ich in die Tra­chaelka­nüle ein­führe, muss unberührt bleiben. Fasse ich es verse­hentlich an oder ich berühre mit Katheter­spitze vor dem Absaugen etwas, muss ich den Katheter ver­w­er­fen und einen neuen ster­ilen Katheter nehmen.

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Absaugka­theter­spitze im Fokus

Ich greife mit der Hand nur den Bere­ich des Katheters, der nicht in die Tra­chealka­nüle einge­führt wird, wieder rum möglichst nah an der Katheter­spitze. Dafür bedarf ich Ken­nt­nis über die Länge der Kanüle, z.B. beim Inten­sivkind sind es aktuell 8 cm. Der Absaugka­theter wird dann in die Kanüle einge­führt; die Hand am Katheter ändert nicht ihre Posi­tion. Der Pfle­gende greift den Katheter nir­gends wo anders bis zum Ende des Absaugvor­ganges. Stelle ich fest, ich müsste den Katheter tiefer in die Kanüle ein­führen, weil ich nur 4cm von Katheter­spitze bis zur Hand Platz gelassen habe, dann nehme ich einen neuen Katheter..

Haben Sie den Vor­gang ver­standen? Hier ist ein Video auf YouTube (englisch) was den beschriebe­nen Vor­gang nah an unserm darstellt: https://youtu.be/J18h_wqH5XI . Es hat aber einen Vor­gang, den wir ablehnen: Der Absaugka­theter wird bei unsnicht nachgeschoben! Hier ein Video, wenn die Pflege­fachkraft ster­ile Hand­schuhe braucht (ver­knoteter Katheter). Bitte beachtet den zeitlichen Aufwand fürs Hand­schuhe anziehen: https://www.youtube.com/watch?v=gtKc9pe9HCw

Gründe für das no(n) touch

Wenn sich das Sekret bei der Inten­sivla­dy staut in der Luftröhre, muss ich schnell absaugn. Die Zeit für das Aus­pack­en und Anziehen von ster­ilen Hand­schuhe bleibt nicht (siehe oben zweites Video):

  1. Denn kommt es zum Sekretver­halt in der Luftröhre (Tra­chea) oder der Tra­chealka­nüle, dann kann dies unan­genehme Gefüh­le bei ihr aus­lösen. Dies führt zu stark­er Unruhe, . Wir wür­den dies als Bek­lem­mungen, Luft­not bis hin zum Erstick­en erleben. Deshalb ist eine sofor­tige Inter­ven­tion ohne Zeitverzug erforder­lich; die Anwen­dung von ster­ilen Hand­schuhen braucht Zeit (aus­pack­en). Hinzu braucht es bei ster­ilen Hand­schuh eine Arbeits­fläche wie ein Beis­telltisch. Dies ist nicht gegeben, wenn das Inten­sivkind unter­wegs ist.
  2. Unsere Inten­sivla­dy kann spon­tan eine große Menge an Sekret haben, dass sie laut hör­bar brodelt. Dies klingt, als würde sie im Sekret ertrinken; die Men­gen an Sekret beein­trächti­gen das Atmen der Lunge, behin­dern den Gasaus­tausch in den Atemwe­gen. Ist sie an einem Mess­gerät für die Sauer­stoff­sät­ti­gung (Pul­soxy) wird der schlechte Gasaus­tausch sicht­bar mit Sät­ti­gungsabfällen. Eine schnelle, ohne Zeitverzug, Inter­ven­tion ist erforder­lich. Das Absaugen mit ster­ilen Hand­schuhen ist zeit­in­ten­siv gegenüber keimar­men, sauberen Handschuhen.
  3. Kommt es beim Inten­sivkind zu starken Sekre­tansamm­lun­gen, kann es passieren, dass sie darüber in mas­siv­er Unruhe fällt (Panik wegen Luft­not). Dadurch kann es zu ein­er lebens­bedrohlichen Sit­u­a­tion kom­men, denn durch die motorische Unruhe wird der Absaugvor­gang schw­er­er durch­führbar. Bei dieser Panik kommt es zu extrem hohen Herzfre­quen­zen über 150 bpm und mit einem ver­stärk­ten Sauer­stoff­be­darf. Diese Panik kann zu schnellen und hefti­gen Arm­be­we­gun­gen führen, bei der sie sich ver­let­zen kann oder die Spastik set­zt mas­siv ein. Dies schmerzt.

Fazit

Die Gründe bedin­gen unsere Entschei­dung als Sorg­erechtsin­hab­er (Eltern), dass der Absaugvor­gang keinen Zeitverzug duldet. Es ist eine Abwä­gung der Hygiene gegenüber den möglichen (lebens­bedrohlichen) Schä­den vom Inten­sivkind zu ihrem Wohle. Durch die schnelle Inter­ven­tion wer­den schwere gesund­heitliche Fol­gen ver­hin­dert wie eine Sauer­stoff­man­gel­si­t­u­a­tion, Kreis­laufko­lapps oder schwere Ver­let­zun­gen. Es liegt sicht­bar: Gelingt ein sofor­tiger Absaugvor­gang, ist die Gefahr ein­er Kon­t­a­m­i­na­tion des Katheters geringer und ein asep­tis­ches Vorge­hen abgesichert. Denn die Pflege­fachkraft kann sich auf den Absaugvor­gang mit No(n)-Touch konzen­tri­eren. Ver­wen­det sie ster­ile Hand­schuhe und beim Aus­pack­en und Anziehen fällt das Inten­sivkind in Panik, hat sie zwei schwere akute Baustellen. Dabei kann das asep­tis­che Vorge­hen beim Absaugen scheitern.

Oder mal über­tra­gen betra­chtet: Wenn ein Patient in der Psy­chi­a­trie in eine Krise mit schw­er­er Unruhe rutscht, der wild um sich schlägt und sich selb­st ver­let­zt, dann wird ihm ohne Zeitverzug eine Spritze gegeben. Dies ohne hygien­is­che Desin­fek­tion und durch die Klei­dung durch. Genau­so ist es bei der Anwen­dung eines Adren­a­lin-Pen bei schw­eren aller­gis­chen Reak­tio­nen: https://www.youtube.com/watch?v=NMH8Q6LsMWU

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