Überfordert und dann die nächste Pflegerunde

Ü

Sind Sie über­for­dert? Ich habe die Fra­ge in den Augen der ande­ren genau gese­hen. Ich schie­be mein behin­der­tes Kind vor mir her, nicht rasiert, mei­ne letz­ten Haa­re sind über die 10 mm Gren­ze gewach­sen. Nein, lie­ber Pas­sant, ich bin nicht über­for­dert. Ich bin müde und ver­är­gert, weil ich soviel Lebens­zeit in die Pfle­ge mei­ner Toch­ter ver­brin­gen muss. Sie müs­sen doch gar nicht — ja genau, die­se Ant­wort kann ich auch von ihren Augen able­sen. Ich muss nicht, ich könn­te mir auch ein ande­res Leben bas­teln, mich ent­spannt zurück leh­nen und sagen, macht ihr mal. Geht nicht — ehr­lich, ich habe schon zig Minu­ten, Stun­den dar­über nachgedacht.

Es geht ein­fach nicht. Fehlt mir die Moti­va­ti­on für ein ande­res Leben? Ich wüss­te nicht, ich wüss­te aber auch nicht, ob es mir im ande­ren Leben bes­ser gehen wür­de. Jetzt wür­den Sie. lie­be Leser/-inn­nen, ja Sie wären jetzt die /​der Pas­san­t/-in, was wür­den Sie denn ant­wor­ten. Ich den­ke, je nach dem, wel­che Sto­rys sie ken­nen über Eltern von behin­der­ten Kin­dern — Ken­nen Sie über­haupt Eltern mit behin­der­ten Kin­dern. Nein? Wir sind auch zu sel­ten, muss ich ehr­lich zu geben. Wir kom­men nicht raus auf die Stra­ße. Da gibt es Rand­grup­pen der Gesell­schaft wie Punks, die sind prä­sen­ter. Wie gesagt, wir kom­men nicht raus. Nicht weil wir es uns nicht trau­en, uns dem öffent­li­chen Leben und sei­ner Bli­cke des Mit­leids zu stel­len. Wir kom­men nicht raus, da uns der Auf­wand an man­chen Tagen ein­fach abschreckt oder eben der Weg in die Öffent­lich­keit mit Bar­rie­ren bestückt ist. Ja und dann drückt die Zeit, kaum ist das Kind fer­tig gemacht für die Fahrt in der Öffent­lich­keit, der Blick geht auf die Uhr. Lan­ge dür­fen wir aber nicht drau­ßen sein, denn dann folgt die nächs­te Pflegerunde …

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by dirkstr

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