Das ist kein Witz. Ich habe die PostTraumatische WindelStörung, kurz PTWS. Einige kennen sicherlich PTBS — die posttraumatische Belastungsstörung. Die PTWS ist ähnlich und äußert sich, wenn entweder die Krankenkasse an der Windelversorgung dreht oder der Windellieferant meint, unser Verbrauch sei zu hoch.
Oder dieser Lieferant, der Händler für Inkontinenz- und Pflegebedarf, liefert nicht die vereinbarte Menge wie letzte Woche oder der Windeltyp soll geändert werden, welche unsere IntenisvLady braucht.
Blödes Thema. Inkontinenz, darüber wird nicht gesprochen. Es ist peinlich, es bedeckt sich mit Scham.
Und klar, es gibt diese Diagnose PTWS nicht. Oh! Doch?
Belastungsstörung zu einer Windel
Kaum kommt dieses Thema angelaufen, bringt nur einen Hauch, ich bin da, in den Tag hinein, dann sitze ich mittendrin in einem Drama, sehe über mir eine Wolke aus Blei mit 16 Tonnen, die auf mich stürzt. Die Sonne, die gerade aufgegangen war, geht wieder unter und die bunten Blumen auf der Wiese verwässern zum Grau.
Da schlägt, klopft das Herz, schnell und spürbar hinter den vorderen Rippen. Der Blutdruck steigt zum Kopfschmerz und die Schlafstörungen tanzen wieder. Sei es, weil ich nicht einschlafen kann. Sei es, weil ich mitten in der Nacht wieder aufwache.
Es tickt eine Idee der Hilflosigkeit in mir, wie wir die notwendigen Windeln bekommen. Für die passende, “richtige” Versorgung macht die Krankenkasse den Lieferanten verantwortlich. Die bekommen eine Pauschale, was alles abdecken soll und seien berechtigt, den Bedarf zu prüfen.
Die Lieferanten, die Sanitätshäuser meinen aber, die Pauschale für die Inkontinenzhilfen sei zu gering, zu wenig. Die Krankenkasse sei verantwortlich.
Für das Geld gäbe es nur drei oder vier Windeln pro Tag. Solche mit geringer Saugkraft, die gut sind bei Menschen, die eine Tröpfchen-Inkontinenz haben, deren Blasenmuskulatur nicht mehr den Urin halten kann.
Wenn wir eine bessere Windel wollen, wenn wir mehr Windeln am Tag brauchen, dann sei es keine Grundversorgung mehr.
Das ist Schmarrn, denn es zählt der zweckmäßige und notwendige Bedarf und der ist bei Inkontinenz individuell, je nach Typ, der Art, wie sie sich zeigt, deren Ursache und wie der Alltag aussieht.
Luxus ist es, wenn die ausreichende Windel weiß sein soll, weil ich kein Blau mag. Überversorgt ist jemand, wenn die Saugleistung der Windel super stark ist, sogenannte acht oder neun Tropfen, fünf Tropfen aber ausreichen würden.
Doch die Windeln mit dem Merkmal fünf Tropfen, sind die, die dann überlaufen bei Jugendlichen oder Erwachsenen, welche den Urin sammeln, einhalten können. Die uns aber nicht anzeigen oder sagen können: Ich brauche einen Schieber, eine Urinflasche fürs Bett oder den Toilettenstuhl.
Sie urinieren einfach eine große Menge, lassen diese mit hohem Druck ab, wenn die Blase dem Gehirn erzählt, ich bin voll. Ohne Worte.
Mit der PTWS tickt das Drama in mir ständig um auslaufender Windeln, die einen Berg an Wäsche produzieren oder es lebt die Angst, die IntensivLady bekommt eine Dekubitus, eine Hautschädigung im Windelbereich. Eben weil wir nicht wickeln können, wenn es angezeigt ist. Eben, weil wir nicht genug Windeln geliefert bekommen.
Es tickt die Unsicherheit, weil ich nicht begreife, an wen ich mich wenden muss, damit wir die notwendige Versorgung der IntensivLady bekommen.
Können wir einen Widerspruch bei der Krankenkasse einlegen? Wie ist es mit einem Gutachten von medizinischem Dienst der Krankenkasse, wenn mir erzählt wird, der Windellieferant könne den Bedarf bestimmen. Er habe dafür die Fachlichkeit.
Welchen Wert haben dann noch ärztliche Verordnungen?
Und glaub nicht, dass diese PTWS sich wieder auflöst, wenn die Lieferungen der Inkontinenzhilfen wieder so läuft, wie wir es benötigen.
Es trägt sich weiter, vor jedem Telefonat mit dem Lieferanten erzählt es mir: Hey, ich bin noch da und lässt mein Herz klopfen.
Eben weil wir gelernt haben nach über 16 Jahre außerklinischer Intensivpflege und einem hohen Bedarf der IntenisvLady an medizinischen Produkten, Hilfsmitteln oder professioneller Pflege: Nach einem, nach zwei Jahren wird uns wieder der Bedarf streitig gemacht.
Es folgt wieder eine Diskussion, wieder eine Beweisführung und Widerspruch, warum dies oder jenes medizinisches Hilfsmittel benötigt wird.
Seien es die Windeln, seien es die Handschuhe fürs tracheale Absaugen oder das Outdoorrad für den Rollstuhl.
Es nervt nicht nur, sondern es zieht Lebenskraft und Energie, die ich für die Pflege brauche.
Immerhin hatte der Ausweis über die Schwerbehinderung ein “Unbefristet” erhalten.