Der Pflegedienst klingelt bei Ihnen zu Hause, es ist soweit. Und jetzt taucht auch bei Ihnen die Frage auf: wer ist denn nun der Boss beim Kind?
In der Klinik war es auch schon immer der Punkt, um dem sich die Konflikten aufrollten. Wer hat das Sagen übers Kind?
Eine wichtige Frage, denn wie viel Pflege und auch Sorge sollen Sie von ihrem Kind zu Hause abtreten. Ich habe mit Absicht das Wort „abtreten“ gewählt, denn abgeben würde es nicht ganz passend formulieren. Es liegt ein Muss vor, Sie, Ihr Kind braucht die Schwester oder eben den Pfleger. Sie können nicht verzichten, zumindest gehe ich davon aus, so wie ich die Familie mit Dienst kenne. Gerne würden diese ihr Kind nur für sich haben, gerne würden sie den Alltag selbst prägen, ihre eigenen Rituale basteln und ohne einen dritten Part sagen, was wie gemacht wird.
Dies ist nun alles vorbei oder gab es nie. Die Rituale sind Ihnen durch die Erkrankung vorgegeben. Nicht alle, gut, aber schon ein gewichtiger Teil und der Alltag, was auch immer das ist … Sie nicken ab. Alltag gibt es nicht, zumindest nicht das, was der gemeine Bürger eingrenzt mit Normal. Also ein Alltag, was uns festigt über die Zeit, ein Gefühl gibt, es läuft alles in geregelten Bahnen und wir müssen erst einen Urlaub buchen, um dieses geregelte Leben auflösen zu können.
Mit einem Intensivkind, Sie kennen es, bricht die wiederkehrende Routine jeden Tag ein. Nicht jeden Tag, aber häufig, zumindest sträubt sich in ihnen das Gefühl, eine stabile Lebenssituation gehöre zu Ihnen. Sie hat sich vor langem verabschiedet, genau dort, wo die Frage stand, kommt mein Junge, mein Mädchen durch den Therapiezyklus, schafft er es auch diese Lungenentzündung zu überstehen, gehen bei ihr diesmal diese krampfartigen Schmerzen vorüber, verabschieden sie sich ohne dass sie sich verabschiedet.
Und was hat jetzt der letzte Absatz mit dem Pflegedienst zu schaffen? Viel, denn diese ganze Last, bezeichnen wir es mal so, wird und muss in der Beziehung „Ich und der Pflegedienst“ss getragen werden. Die Schwester, welche klingelt, erwartet auch dies, zumindest wird sie es indirekt mit erleben.
Aber müssen wir uns Eltern denn um das Wohl der Schwester kümmern? Ich sage mal ja. Was Sie sagen, ob Sie sich meinem Ja anschließen … Ich lasse es offen, zumindest gab es die Idee, vielleicht auch bei Ihnen: Kaffee für die Schwester. Es ist der Start, doch klären Sie hier gleich die Erwartungen. Der Kaffee für den Gast, es ist das Ja für eine gute Beziehung.
Bleibt der Gast, dann bedarf es Spielregeln und erwarten Sie bitte nicht, man wird Ihnen welche geben. Nicht der Dienst, sondern Sie haben die Spielregeln zu setzen, es ist Ihre Wohnung, Ihr Haus. Aber bedenken Sie, Regeln, damit sie von allen getragen werden, müssen den Gast auch immer wertschätzen, dürfen nicht seine Integrität vergraben. Dies ist schwierig, dem stimme ich Ihnen gerne zu.
Aber schwierig wird es auch, wenn Sie dem Dienst das Feld überlassen, er solle die Regeln setzen. Ihre Privatsphäre, Ihre Beziehung zum Kind wird so beschnitten, es entgleitet Ihnen, als würde Ihr Leben nur noch von außen bestimmt werden. Was soll der Dienst auch anderes machen?