Der Alltag mit einem schwerbehinderten Kind ist nicht gerade einfach zu meistern, so hört und ließt man. Und es gibt sie, die Menschen, die es dann doch ganz gut bewältigen. Kennt man den Alltag, der sich gliedert in einem hohen Pflegeaufwand, welcher kein persönlichen Raum mehr lässt für die eigenen Bedürfnisse. Eine Belastung ist, alle Stunde für irgendwas, sei es mindestens für das Lagern oder Wickeln, bereit zu stehen. Dazu reiht sich die Erschöpfung, für die einfach kein Platz ist im Alltag. Denkt man einmal, ich könnte jetzt ein heißes Bad gebrauchen, so schlägt der nächste Gedanke, das „Pflegegewissen, gleich nach mit, vergiss es, geh lieber unter die Dusche, damit du in fünf Minuten wieder für das Kind sorgen kannst.
Den Alltag mit einem schwerbehinderten Kind gut zu bewältigen, heißt vielleicht auch ihn neu zu erfinden und zu schauen, dass das ganze soziale Umfeld, samt Partner, sich nicht verliert in eine Lebensgeschichte, die gewesen ist. Und es wird so kommen und dann liest man, wie letztens in der „not“, von einer Frau mit einem schwerbehinderten Sohn, die es gut gemeistert hat über 25 Jahre. Sie ist wohl auf, hat ihren Job und der Text ansonsten klingt recht positiv. Wo ist da der Haken, ist hierzu die erste Frage im Kopf. Es kann nicht sein. Und liest man tiefer, so wird auch klar warum: Schwerbehindert ist nicht gleich schwerbehindert, also der Pflegeaufwand ist nicht bei Allen gleich. Bei dem einen herrscht die Unruh, viele Klinikaufenthalte und in jeder Nacht muss man mehrfach raus, über Jahre. Beim anderen sind die Nächte zum schlafen da, die Tage plätschern dahin. Man kommt zwar nicht raus und doch hat der Aufwand eine andere Farbe, die Last eventuell leichter zu ertragen.
Doch wiederum bleibt der Zweifel bei solchen Texten, weil man den Gedanken nicht los wird: Vielleicht hat sie sich mit dem Leben soweit arrangiert, dass es gar nichts anderes gibt, als das schwerbehinderte Kind. Oder es ist nur im Text so, für die Außenwelt. Denn wer schreibt schon gerne über seinen Schatten, der sich aufzieht, wenn man über Jahre seine Bedürfnisse nicht leben kann. Sicherlich, dies funktioniert, aber welcher Preis steckt hinter einer chronischen Erschöpfung und dem Ausgebrannt.