Sterbehilfe: Wie denkt der Arzt

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Da wird sie wohl lang­sam salon­fä­hig, die Assis­tenz beim Sui­zid. Rund ein Drit­tel der Ärz­te in Deutsch­land wür­den die Ster­be­hil­fe befür­wor­ten, so eine Umfra­ge auf Spie​gel​.de. Nicht ganz ein­deu­tig ist, ob die Ärz­te die­se bei ande­ren oder nur bei sich befür­wor­ten wür­den. Zumin­dest wird mir bei die­sem Ergeb­nis schon ein wenig mul­mig zu mute, was das Recht auf Ver­sor­gung von schwer Kran­ken angeht, wie eben auch unse­rer Tochter.

Sicher­lich, jedes Ergeb­nis einer Umfra­ge ist auch davon abhän­gig, wie man die Fra­gen stellt. Und für mich gesellt sich dazu die Fra­ge, ob die Befür­wor­tung der Ster­be­hil­fe nicht auch im Kon­text zu der erhöh­ten Selbst­mord­ra­te bei Medi­zi­nern steht. Denn die­se kann auch mit auf­wei­sen, wie es um das Sin­nerle­ben durch die Belas­tun­gen im Beruf steht. Wird das Leben eines schwer kran­ken Men­schen als nicht sinn­voll selbst erlebt, steigt sicher­lich schnell die Über­zeu­gung auf: War­um die­ser gan­ze Aufwand? 

Letz­te Woche las ich von einer Mut­ter mit einem lebens­li­mi­tiert erkrank­ten Kind, dass sie sich die Fra­ge von einem Arzt gefal­len las­sen muss­te, ob das Kind denn nicht ein Faß ohne Boden sei. Also jede The­ra­pie, hier ging es um Ergo und Logo­pä­die, eigent­lich ver­ge­be­ne Mühe sei. Einer ande­ren Mut­ter von einem Kind mit einer mus­kel­ab­bau­en­den Erkran­kun­gen wur­de in der Dis­kus­si­on um die Beatmung die Kos­ten die­ser The­ra­pie vor­ge­hal­ten statt über die schwie­ri­ge Grat­wan­de­rung, wenn man beatmet, zu spre­chen, wel­che sich zieht von der Siche­rung von Lebens­qua­li­tät hin zur Lebensverlängerung.

Befür­wor­tet ein Arzt die Ster­be­hil­fe, so stellt sich für mich die Fra­ge, ob er auch ein­sieht und ver­steht, dass bei tod­kran­ken Men­schen wei­ter­hin medi­zi­ni­sche Behand­lun­gen lau­fen soll­ten, die pri­mär Leid lin­dern kön­nen und die Lebens­qua­li­tät sichern. Also dass er nicht ein­fach die bestehen­den Maß­nah­men abbricht oder so sehr hin­ter­fragt, wo man am Ende eher schluss­fol­gern müss­te, ob der Arzt nicht viel­leicht eher selbst glaubt aus sei­ner per­sön­li­chen Welt her­aus, es habe alles kei­nen Sinn statt dem Pati­en­ten und sei­nem Umfeld. Mir selbst fällt immer auf, dass sich nur weni­ge Ärz­te vor­stel­len kön­nen, wel­che Lebens­qua­li­tät man mit einem schwer kran­ken Kind zu Hau­se haben kann. Denn müs­sen wir mit unse­rer Lady in die Kli­nik oder der Kin­der­arzt wird per Not­ruf zu uns nach Haus geor­dert, dann sind es häu­fig die schwers­ten Kri­sen. Die­se prä­gen ein bestimm­tes Bild von unse­rem Leben und die­se schwe­ren Situa­tio­nen belas­ten eben auf bestimm­te Art das Sin­nerle­ben von uns allen.

Dage­gen, so höre ich es dem Kreis der Eltern von Inten­siv­kin­dern, spürt man immer, das vie­le Ärz­te die Belas­tun­gen zu Hau­se über­haupt nicht ein­schät­zen und davon den Hil­fe­be­darf ablei­ten kön­nen. Belas­tun­gen, wel­che zum Bei­spiel durch den Luft­röh­ren­schnitt ent­ste­hen oder der Epi­lep­sie. Und so kom­men wir auch zum The­ma Hos­piz­pfle­ge und der Pal­lia­tiv­ver­sor­gung, wel­che bei uns auf Basis eines MDK-Gut­ach­tens immer wie­der abge­lehnt wur­de. Die belas­ten­de Lebens­si­tua­ti­on mit einem Kind, was jeder­zeit ster­ben kann, wird aberkannt für mich. Denn so dient der Auf­ent­halt in einem Kin­der­hos­piz neben der Sta­bi­li­sie­rung auch dazu, die Pal­lia­tiv­ver­sor­gung abzu­klop­fen auf die Fra­ge hin: Was kann noch alles gemacht wer­den um die Lebens­qua­li­tät zu sichern, wie beim Schlaf oder der Obs­ti­pa­ti­on? Mit dem Nein dazu stellt sich für mich die Fra­ge, ob es den “Trä­gern der Ent­schei­dung” auch bewusst ist, wie die Kri­sen sich gestal­ten und wel­che Gefah­ren dar­in lau­ern, wenn die Fami­lie die Kri­sen nicht bewäl­ti­gen kann.

Eine Über­for­de­rung führt nicht nur zu einem aus­bren­nen der Pfle­ge­per­son, son­dern kann auch die Gewalt in der Pfle­ge for­cie­ren, wie auch an sich die Kraft neh­men, der not­wen­di­gen Ver­sor­gung des Kin­des nach zu kom­men. Letzt­end­lich stei­gen, neben den Krank­heits­kos­ten für die Pfle­ge­per­son, die Gesamt­kos­ten beim Kind. Aber kom­men wir zum The­ma Ster­be­hil­fe zurück und da erin­ne­re ich mich noch an die Schlag­zei­le, dass jeder Fünf­te, der die Ster­be­hil­fe in der Schweiz in Anspruch nimmt, nicht töd­lich erkrankt ist. Die Fra­ge ist dann, ob dies den Blick auf schwer Kran­ke nicht ver­än­dert, also den Sinn des Lebens mit schwe­rer Erkran­kung, und deren not­wen­di­ge medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung sogar in Fra­ge stel­len kann, wenn Ster­be­hil­fe bzw. Sui­zid­hil­fe “geleis­tet” wird allein schon beim Sym­ptom “Lebens­mü­dig­keit”, das viel­leicht auch nur ein Aus­druck sein kann über die Unzu­frie­den­heit und Ein­sam­keit im Leben.

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by dirkstr

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