Kennst Du Conni? Nein? Welche Conni? Ich meine dieses blonde Mädchen, welche nie altert in ihren Büchern und anderen Kindern einzelne Themen der Welt erklärt.
Der Podcast „Ein besonderes Kind“ über die Kinderreha brachte mich gleich wieder in diese Lesewelt und zog mich sofort wieder raus.
Denn die Zielgruppe beim Podcast. Ich weiß nicht, bin ich gemeint?
Diese Produktion soll sich an Eltern von Kindern mit Behinderung richten, also an mich.
Sie spricht mich nicht an.
Okay, das kann passieren, wenn die Macher:innen Amateure sind, schließlich sind die Hürden für einen Podcast gering. Ein jeder mit einem Smartphone und Schnittprogramm für Audiodateien kann seine Produktion starten.
Doch hier, so wirkt es für mich auf der Webseite, wurde oder wird Geld für die Produktion investiert.
Damit steigt meine Erwartung und ich vergleiche es auch mit solchen.
Keine Frage, der Podcast mag informativ sein, doch werden hier Grundlagen weggelassen, wie beim Thema: Wer berät die Eltern?
Die Elternselbsthilfe und die Peer-to-Peer Beratung wird einfach nicht erwähnt. Genauso die Beratung durch Therapeuten und Pflegekräfte.
Wer länger aktiv Eltern beraten hat, sei es in der Selbsthilfe oder professionell, wird es wissen: Eine einzelne Beratungsstelle kann eine Familie nicht in allen Themen beraten. Das Wissen über die Erkrankung des Kindes bis zum Sozialrecht sind zu komplex und es kann viele dicke Bücher füllen.
Dieser Grundsatz fehlt im Podcast.
Sicherlich, die Autor:in haben das Recht, solche Dinge wegzulassen, doch bei einer Hördauer von weit unter 10 Minuten ist genügend Platz, die Inhalte ausführlicher zu gestalten.
Als Autor:in sollte ich diesen Grundsatz nennen, damit die Zielgruppe weiß: Hier bemüht sich jemand, uns wirklich zu helfen und wir müssen selbst lernen, wer uns in welchen Themen bestmöglich beraten kann:
- die Apothekerin über die Wechselwirkung von Medikamenten
- die Kardiologin über die Herzerkrankung
- der Rechtsanwalt für Sozialrecht über den abgelehnten Antrag beim Arbeitslosengeld oder Pflegegrad
- die Freundin aus der Selbsthilfegruppe über Erfahrungen in einer Klinik
- der Rehatechniker über die Zurüstung beim Rollstuhl
Connis Bücherlandschaft ist künstlich und nicht meine Podcastswelt
Die beiden Sprecher:innen vom Podcast wirken künstlich und ich bekomme immer den Eindruck, sie sprechen über ein Thema, zu dem sie keine Beziehung haben.
Podcasts, das Format bietet viel Freiheit.
Gerade hier sollte diese Freiheit dazu dienen, kreativ mit der Zielgruppe zu arbeiten, die Betroffenen einzuladen, und die Podcasterin sollten ihr Thema „leben“, ihm nah sein.
Ansonsten wirkt es wie bei einer Nachrichtensprecherin, die sich nicht mit den Themen ihrer Sendung emotional verbindet. Dort soll und muss sie es auch nicht.
In Podcasts möchte ich die Nähe der Autor:innen, der Sprecher:innen zum Thema erfahren, ohne erkennbaren künstlichen Spannungsaufbau.
Dann macht es mich neugierig, die nächste Folge anzuhören.
Conni und ein Nischenthema
Die Conni-Bücher sind für die breite Masse geschrieben worden. Über die Bedürfnisse eines Kindes mit Handicap oder chronischer Erkrankung zu erzählen, ist ein Nischenthema.
Es dreht sich um eine kleine Gruppe an Familien, die auch gerne bei den Entscheidungsträgern in der Politik vergessen wird. Logisch, denn es fehlt eine sichtbare Präsens dieser Gruppe.
Im Podcast wiederum werden ein Teil der Kinder mit Behinderung oder chronischer Erkrankung ausgeblendet, als gäbe es sie gar nicht: Kinder, die kein Hilfsmittel benötigen.
Okay, es geht ja um Hilfsmittelversorgung.
Na und?
Nicht jedes Kind mit Behinderung benötigt einen Rehabuggy oder Sitzschale und somit brauchen sie keine oder eine Beratung von einem Sanitätshaus, um auch einen fehlenden Bedarf zu erfassen, der okay ist.
Vielleicht ist die Zielgruppe „Eltern mit Kindern mit Behinderung“ gar nicht die Gruppe, für das sie diese Audiodateien produzieren.
Vielleicht sind es die Sanitätshausmitarbeiter:innen und Sachbearbeiter:innen bei den Krankenkassen, um denen dies Thema näherzubringen.
Oder es ist für das Gremium aufgenommen worden, welche die Idee hatten dafür.
Die Zielgruppe ist auch wichtig.
Je mehr Menschen besser und besser die Familien mit einem Kind mit Behinderung und ihre Bedürfnisse verstehen, je weniger wird es „falsches“ Mitleid geben.
Versteht unsere Sachbearbeiterin bei der Krankenkasse die Bedarfe besser, dann steigen die Chancen, über beantragte Leistungen gut zu entscheiden oder Alternativen aufzuzeigen.
Ich bin gespannt, wie die nächsten Folgen sich entwickeln.