Eine bessere Pflege — die scheitern muss

Nach sechs Jahren gehen 60% der Altenpfleger aus ihrem Beruf, heißt es im poli­tis­chen Feuil­leton gestern im Dra­dio Kul­tur. Und warum? “Sie kom­men mit den Anforderun­gen des Pflege-All­t­ags nicht zurecht, sie fühlen sich über­fordert, sie kön­nen, sagen sie, das an der Schule Gel­ernte nicht in ihrer Prax­is anwen­den.” aus: Schick dein Kind auf bessere Altenpflegeschulen!. Dra­dio Kul­tur. 12.01.09  

Nun, also noch gut ein Jahr habe ich und dann wäre das Inten­sivkind sechs Jahre und ich müsste mir überele­gen auszusteigen. Das in der Krankenpflegeschule Gel­ernte kon­nte ich lei­der nicht in der Prax­is umset­zen, da die Prax­is mich mit Din­gen kon­fron­tri­ert hat, wie Heim­beat­mung, die kein The­ma waren auf der Schule und wie es ist Tag ein, Tag aus immer auf weit­ere Krisen zu tre­f­fen und wie man die Frage um Leben­squal­ität ange­ht, sprich, die Pflege von Men­schen mit schw­er­ster Behin­derung. Behin­derte Men­schen, dass war nie so richtig The­ma in der Schule, klar, es gibt die chro­nis­chen Erkrankun­gen, wie beim Herz, die zu Leis­tung­sein­bußen führen und der Betrof­fene sog­ar einen Schwer­be­hin­derte­nausweis erhält. Doch warum plädiert man für eine bessere Aus­bil­dung der Altenpflege und ver­gisst dabei, dass Pflege nie­mand so richtig bezahlen will.

Let­z­tendlich wirkt für mich das Feuil­leton etwas welt­fremd wenn ich so manchen Pflegeall­t­ag in ein­er Ein­rich­tung bedenke. Da zeich­net mir der Neu­jahrs­gruß vom Blog: Biopoli­tik eher auf, wo die Prob­leme liegen, eben auch bei den Finanzen. Was nützt dann ein gut aus­ge­bilde­ter Pfleger oder Pflegerin, wenn diese kein­er bezahlen will oder es eben nicht kann. Dabei sollte auch erwäh­nt sein, Altenpflege find­et nicht nur in einem Heim statt, son­dern auch in den eige­nen vier Wän­den der Men­schen. Und es stellt sich auch die Frage, ob denn für jede Han­dre­ichung immer eine pro­fes­sionelle Kraft gebraucht wird oder ob nicht angel­ernte Assis­ten­zen auch ein Teil der Auf­gaben übernehmen kön­nen. Sicher­lich, aus diesem Mod­ell wird halt auch nichts, wenn das Sozialamt, wie im Beitrag im Blog: Biopoli­tik beschrieben, die Hil­fe zur Pflege nicht nach dem Bedarf auf­s­tockt, eben weil man der Mei­n­ung sei, ein Heim sei bil­liger. Es geht nicht um den Men­schen und seinen indi­vidu­ellen Bedürfnis­sen. Eben weil für Pflege keine aus­re­ichende Finanzierung geschaf­fen wurde und wenn Fam­i­lien betrof­fen sind, wie auch die mit einem behin­derten Kind, wird dies extrem deut­lich: Hil­fe zur Pflege, da darf man kein Ver­mö­gen mehr haben, so fehlt damit die eigene Vor­sorge. Und wenn die Eltern merken, ohne Hil­fe wie eine Nacht­be­treu­ung geht es nicht mehr, da gibt es eben nichts, wie ein­er mir bekan­nten Fam­i­lie ger­ade passiert.

Wozu sollen denn die Eltern nach Monat­en oder Jahren endlich mal richtig schlafen kön­nen? Wenn das Kind seinen eige­nen Tag-Nacht-Rhyth­mus hat und man ihm auch nicht erk­lären kann, es überzeu­gen kann, jet­zt sei Nacht — dafür bekommt man keine Krankenpflege, auch wenn man seine eigene Gesund­heit ruiniert oder seinen Beruf deshalb aufgeben muss. Es ist ja keine Behand­lungspflege, die Betreu­ung und Obacht über das Kind in der Nacht. Also was bleibt, damit die Eltern nicht selb­st den psy­chis­chen Kol­laps bekom­men? Sie müssen aussteigen aus der Pflege, eben weil sie mit den Anforderun­gen des Pflege-All­t­ags nicht zurecht kom­men. Dabei hal­ten einige Eltern wirk­lich lange durch, eh sie erschöpft, mit zer­rüt­teter Ehe, das Kind, als Not­bremse und dem Gefühl eines Gescheit­erten, in ein Heim geben müssen.

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