Seit über 15 Jahre verfolgt mich ein Thema in der Pflege als Vater meines Intensivkindes: Es bleibt ein Rätsel, warum in der häuslichen Intensivpflege, wenn die Angehörige die Pflege übernehmen, nicht von Krankenpflege gesprochen wird?
Der Begriff, das Wort wertet diese Pflegearbeit doch auf. Trauen wir Laienpfleger uns nicht von Krankenpflege zu sprechen, auch hier in Jena, da dieser Begriff den professionellen Pflegekräften gehört?
Krankenpflege ist die Behandlungspflege auch in Jena
Ich rutsche jetzt, hier und heute, in die Rolle des Laienpflegers, denn ausgebildet bin ich in der Krankenpflege. Dies mit staatlichen Examen und damaligem Lehrplatz an der Uniklinik in Jena.
In der Lehre lernte ich den Unterschied zwischen Grund- und Behandlungspflege kennen. Verstanden habe ich diese Trennung als ein politisches Konstrukt, denn viele Aufgaben in der Krankenpflege sind verwoben, sie sind gleichzeitig Grundpflege wie auch Pflege zur Behandlung.
Doch die Krankenpflege greift dort an, wenn es um die Therapie einer Erkrankung geht. Es geht um die Durchführung dieser, den Erfolg einer medizinischen Behandlung zu sichern.
Sei es die tägliche Medikamentengabe, die abgesichert werden muss. Oder wenn beim Diabetes mellitus der Blutzuckerspiegel kontrolliert und beurteilt wird.
Es ist eine Pflege, die dem Kranken dient, direkt, um die Gesundung zu fördern, abzusichern. Krankenpflege setzt auch dort an, damit ein Krankheitsverlauf sich nicht verschlechtert.
Es ist das große Thema Prophylaxe, was sogar wissenschaftliches Arbeiten erfordert.
Sie schützt vor Komplikationen und weiteren Krankheiten. Also gilt: Damit die Pflege erfolgreich und qualitativ gut erbracht werden kann, braucht es eine Ausbildung.
Intensivpflege des Laien ist Krankenpflege
Auch wenn wir Laienpflegekräfte in der Mehrheit nicht als Fachkraft ausgebildet sind, üben wir doch Krankenpflege aus. Sei es, wenn wir Sekret absaugen oder die Werte des Pulsoxys ablesen und beurteilen, ob unser Kind einen oder zwei Liter Sauerstoff braucht.
Auch werden wir Laienpfleger:innen in den Prophylaxen angeleitet, sei es, wenn es heißt alle vier Stunden Lagerungswechsel beim immobilen Intensivkind.
Wir sichern wie die ausgebildeten Krankenpflegekräfte den ärztlichen Behandlungsplan ab.
Wir sind dabei Laien und das bedeutet, wir sind mit unserem Wissen über die Krankenpflege auf unser Kind begrenzt und sogar nur so weit, wie wir es erlebt haben.
Nur so weit, wie wir von professionellen Pflegefachkräften und Medizinern angeleitet wurden.
Es ist eine Krankenpflege, die auf Erfahrung des Einzelfalles beruht.
Laienpflege und ihre Grenzen der Krankenpflege
Die Laienpflege ist begrenzt. Was gleichzeitig nicht bedeutet, sie ist qualitativ in den Pflegeaufgaben, die sie ausführt, schlechter als bei Kinder-/Krankenpfleger:innen oder Altenpfleger:innen.
Auf das Intensivkind zugeschnitten, kann es sein, dass einzelne Pflegemaßnahmen besser ausgeführt werden wie das Absaugen oder die Pflege des Gastrostomas.
Dies liegt einmal an der täglichen Präsenz der pflegenden Eltern beim Intensivkind und auch, weil sie von spezialisierten Fachkräften gut angeleitet wurden. Dies geschieht in der Klinik oder bei Rehamaßnahmen.
Doch wenn neue gesundheitliche Probleme auftreten oder Komplikationen beim Kind, kann die Laienpflege schnell überfordert sein.
Die Eltern verfügen nicht über das Fachwissen, wie es in Weiterbildungen, der Erfahrung und Grundausbildung gelehrt wurde. Gerade, wenn Komplikationen oder gesundheitliche Entwicklung ihre ersten Symptome zeigen, kann es von den Laien übersehen werden.
Krankenpflege in der Intensivpflege und objektiv.
Wir als Laienpflegekräfte dürfen von Krankenpflege sprechen, um zu erklären, was wir in der Intensivpflege leisten, ja. Doch sind wir keine professionellen Pflegekräfte.
Diese sind in der außerklinischen Intensivpflege und häuslichen Krankenpflege nötig.
Denn die Fachpflegekräfte helfen frühzeitig Probleme im Krankheitsverlauf zu erkennen oder sie arbeiten einheitlich, nach aktuellen Wissen und Standards. Dies ist notwendig.
Denn um den Erfolg einer Pflege zu sichern, auch bei uns im PflegeZimmer in Jena, muss einheitlich gearbeitet werden, gerade wenn zum Beispiel ein entzündetes Tracheostoma zu pflegen ist.
Nur so kann ich erkennen, ob das, was wir in der Tracheostomapflege leisten, den Erfolg bringt. Die entzündete Haut heilt. Unsere Pflege kann auch gar nichts bewirken oder sogar die Haut noch mehr reizen.
Wenn jeder am Krankenbett nur nach seiner Idee pflegt, erfahren wir also nicht, was gut ist und was wir in der Pflege weglassen sollten.
Dies leisten Pflegekräfte. Sie objektivieren die Pflege. Dazu helfen professionelle Pflegekräfte den Krankheitsverlauf zu beurteilen, ohne Emotionen. Denn Emotionen und Gefühle, die wir Laienpfleger:innen erleben zu unserem Kind, können unsere Wahrnehmung verstellen.
Zum Beispiel werden Symptome nicht als Probleme wahrgenommen, die eine Anpassung der Medikamente braucht.
Ja und deshalb bin ich als Vater Laienpfleger und im Job Krankenpfleger. Ich bin einfach gegenüber Linn, unserem Intensivkind emotional befangen und darf dies auch sein.
Wie geht es dir damit?