Keine Zeit des Abschiedes

K

“… Haben Sie hier so etwas wie einen gekühl­ten Raum? Ich den­ke, dass es hier bei Ihnen vor­kommt, dass Men­schen ster­ben und sie nicht sofort abge­holt wer­den. Oder?”
“Doch, wir las­sen Sie sofort abho­len. Meist in der Nacht. Dann sehen die ande­ren nicht, was passiert.”

S. 39. Dark, Jason: Geis­ter­jä­ger John Sin­clair. Band 1563. Bas­tei. 2008

Stirbt jemand, so ent­wi­ckelt sich auch die Fra­ge: Wie schüt­zen wir das nächs­te Umfeld davor, dass sie die­sen “schreck­li­chen” Pro­zess nicht wahr­neh­men. Also es wer­den Stra­te­gien gebraucht, wie dies Zitat aus einem Roman­heft zeigt, was in einer Senio­ren-Resi­denz spielt.

So wird also ver­sucht, dass man die Ande­ren, den Nach­barn, nicht direkt mit dem Tod, den Ster­ben, kon­fron­tiert; nicht dass die­ser sich “genö­tigt” fühlt, sich gleich selbst mit sei­nem eige­nen Lebens­ab­schluss zu beschäf­ti­gen. Denn dies ist viel­leicht eine gefürch­te­te Kon­se­quenz, wenn direkt neben “uns” gestor­ben wird und nicht nur in der Zei­tung oder im Fernsehen.

Ist des­halb der Tod für uns ein Tabu­the­ma? Viel­leicht. Zumin­dest nicht weil wir von Ster­ben, vom Tod, täg­lich lesen kön­nen oder hören, son­dern weil die­ser Lese­ab­schnitt nicht mehr kon­kret erfah­ren wird. Die Nach­rich­ten, das Bild, es ist abs­trakt für unser Erle­ben, da wir zu den Men­schen kei­ne Bezie­hung auf­ge­baut haben. Hin­zu stellt sich beim Kon­sum der Medi­en viel­leicht eher die Fra­ge: Stump­fen wir nicht mehr und mehr ab, wenn uns täg­lich Zah­len von Opfern ver­schie­dens­ter Ursa­chen prä­sen­tiert werden?

Und erle­ben wir mit, wie ein Freund, ein Bekann­ter lang­sam sich von uns ver­ab­schie­det, dann kann es am Ende die­sen Pro­zes­se unse­re Sicht auf das Leben, auf unse­re All­tags­kul­tur in Fra­ge stel­len, da wir viel­leicht etwas begrif­fen haben, was wir zwar nicht in Wor­te fas­sen möch­ten oder kön­nen, doch unser Gefühl beschreibt es.

Doch woher kommt die­ses Tabu? Nun viel­leicht ist es die­se Kri­se, die bei uns als “Ange­hö­ri­ge” der eben Gestor­be­nen plötz­lich ein­tritt und unser gesam­tes Welt­bild in Fra­ge stel­len kann. Somit wol­len wir den ande­ren vom “nahen” Ster­ben ver­scho­nen las­sen; da wir selbst dann die Ande­ren nicht mehr “berech­nen” kön­nen in ihrem Ver­hal­ten gegen­über uns.

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Kon­sum
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by dirkstr

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