Über die Teilnahme der Mitmenschen

Ü
Die Teil­ha­be am öffent­li­chen Leben hat für Schwer­be­hin­der­te so sei­ne Tücken. Zum einen ist es (fast) immer ein Kamp, um die nöti­gen und rich­ti­gen Hilfs­mit­tel, sei es der Roll­stuhl oder der Bug­gy, zu bekom­men, dann fol­gen die Bar­rie­ren wie Kan­ten an Stra­ßen­rän­dern und Stu­fen. Und am Ende sind es die Mitmenschen …

Ja, da gibt es zum einen die Sor­te, denen fal­len fast die Augen raus, wenn sie die Maus sehen. Das merk­wür­di­ge hier­bei ist, die fal­len nicht raus. Klar, sie sind auch in der Augen­höh­le ver­wach­sen, doch könn­ten sie … Nee, ein Hin­ku­cker stört ja nicht, ab dar­auf hän­gen blei­ben, ein­frie­ren (wür­de man da bei Soft­ware sagen), das ist denn doch des guten zu viel. Die ande­ren Mit­men­schen kom­men aus der jüngs­ten Gene­ra­ti­on, also Kin­der und da gibt es auf­fäl­lig vie­le (bis zum Vor­schul­al­ter), die mei­nen, unse­re Maus sei noch ein Baby. Also klei­ne­re Kin­der als die Madame, hal­ten sie für ein Baby. Na gut, man­ches muss man erst ler­nen und man kennt ihn ja den Spruch, wenn das Klein­kind den Kin­der­wa­gen ent­zo­gen bekommt: “Du bist doch kein Baby mehr.” Doch das schlimms­te hier­bei ist, wenn die Eltern, sei es wegen ihrer Beschäf­ti­gung mit sich selbst, dies Urteil “Baby” dem Kind noch bestä­ti­gen. Wie bit­te? Ja und was ist, wenn die eige­ne Oma oder Mut­ter gar mal auf ein Roll­stuhl ange­wie­sen ist?

Aber neben die­sen zwei Men­schen­typs haben wir noch zwei, na, eigent­lich drei. Die einen sind die, wel­che den­ken, wir brau­chen Mit­leid. Zuerst lächeln sie oder schau­en ganz neu­tral drein, aber kaum erken­nen sie das Inten­siv­kind, dann schau­en sie auf, schau­en einen an, als hät­ten sie drei Tage geweint oder wol­len es jetzt dann mal. Also da stell ich mir die Fra­ge, wer hat nun eigent­lich Mit­leid mit wem. Die mit uns oder sol­len wir mit denen es haben, da sie ein schwer behin­der­tes Kind auf offe­ner Stra­ße sehen müs­sen. Ich weiß es nicht. An sich ist Mit­leid schon ein wich­ti­ger sozia­ler Motor, doch soll­te es nicht mit Vor­ur­tei­len gepaart sein. Denn woher wol­len die ande­ren wis­sen, wie es den Men­schen im Roll­stuhl oder der Fami­lie damit ergeht. Anteil­nah­me, die kann man in einem Gespräch immer noch verkünden.

Die in der nächs­ten Kate­go­rie sind mir am liebs­ten und das ist jetzt ernst gemeint: Die Lächeln­den, zumeist weib­lich. Alter, von der Stu­den­tin ange­fan­gen bis in die acht­zig. Doch gibt es auch Män­ner, heu­te ist mir erst wie­der ein älte­rer Herr begeg­net, dem wohl die Madame eine klei­ne Freu­de war, denn schließ­lich wenn wir schon raus gehen, darf man auch nicht nach 0815 aus­se­hen. Doch damit kom­me ich schon zu den Leu­ten, die meis­ten(?), die graue Mas­se. Die über­se­hen uns und, da sie sich im Grau ver­ste­cken, über­se­hen wir sie. Doch war eines heu­te schon merk­lich, Typ I, dem die Augen aus­fal­len, weib­lich, nicht hübsch, mit der Ziga­ret­te in der Hand. Also ich glaub ja bald, wenn man­che Leu­te, so wie sie star­ren, auch so in der Schu­le auf­ge­passt hät­ten, wür­den wir in Pisa & Co. bes­ser abschnei­den. Aber egal, doch am liebs­ten hät­te ich, hät­te ich nur, ihr gesagt, dass das Loch im Hals eine häu­fi­ge Neben­wir­kun­gen vom Rau­chen ist, dem Kehlkopfkrebs.

Kate­go­rie: 



var switchTo5x=true;stLight.options({publisher:”});

Über den Autor

Kommentar

by dirkstr

Kategorien

Neueste Beiträge

pflegezirkus