Krankenkasse: Schlupfsack, Eigenanteil und gescheiteter Widerspruch

K
Wie erwar­tet, der Wider­spruch zum Win­ter­schlupf­sack wird auch vom Wider­spruchs­aus­schuss der BKK für Heil­be­ru­fe abge­lehnt. Die nächs­te Instanz ist nun, vorraus­sicht­lich, das Sozi­al­ge­richt. Aber dafür geht es erst­mal zum Rechts­bei­stand vom Sozi­al­ver­band. Dabei den­ke ich, das Urteil S 18 KR 53702 vom Sozi­al­ge­richt Dres­den bil­det für die mög­li­che Kla­ge einen guten Boden. Ins­ge­heim hat­te ich aber gehofft, dass sie unse­ren Eigen­an­teil um die 50 Euro ansie­deln wür­den. Die­ses hät­ten wir auch akzep­tiert. Und das Echt­fell, unse­res Wis­sens nach die bes­se­re Wär­me­iso­lie­rung und Deku­bi­tus­pro­phy­la­xe, wird hier­bei wei­ter­hin abgelehnt.

Nun das Fell wird abge­lehnt, da der MDK meint, die wich­tigs­te Maß­nah­me für die Deku­bi­tus­pro­phy­la­xe sei­en Lage­rungs­wech­sel. Dem stim­me ich auch zu. Doch das Pro­blem ist nur, wenn ich mit dem Kin­de in die City fah­re und über drei Stun­den unter­wegs bin, kann ich kein Lage­rungs­wech­sel durch­füh­ren im Bug­gy. Die­ses gibt ein Rea­bug­gy genau­so wenig her wie ein Roll­stuhl. Ein wei­te­re genann­ter Punkt für die Ableh­nung des Fells vom MDK ist, da es für den Ein­satz, mit dem Ziel Deku­bi­tus­pro­phy­la­xe, kei­nen Nach­weis zur Wirk­sam­keit gäbe. Rich­ti­ges Daten­ma­te­ri­al, da scheint es wirk­lich zu man­geln und doch wird es aus Erfah­rung durch Pfle­ge­kräf­te und der Hilfs­mit­tel­ver­sor­ger emp­foh­len. Mei­ne Mei­nung für den Ein­satz des Echt­fel­les beruft sich auf die “Ver­mu­tung” der bes­se­ren Druck­ver­tei­lung und des bes­se­ren Wär­me­haus­hal­tes auch bei wär­me­ren Tem­pe­ra­tu­ren als beim Web­pelz. Doch an sich soll­ten Echt­fel­le auch nur bei direk­ten Haut­kon­takt ange­wen­det wer­den, da sie dort “erwie­se­ner” Maßen eine Proh­phy­la­xe vor dem Wund­auf­lie­gen schaffen.

Was mich aber noch merk­wür­dig stimmt. Nach die­sem Gut­ach­ten vom MDK hät­ten wir den Wider­spruch auf­recht erhal­ten. Wie bit­te? Wir wur­den gar nicht ange­schrie­ben, dass dies Gut­ach­ten jetzt bestehe und wie wir uns dazu äußern wol­len, also ob wir noch auf das Echt­fell bestehen mit der Beur­tei­lung vom MDK e.V..
Dann hät­ten wir zwar den Wider­spruch auf­recht erhal­ten, aber viel­leicht hät­ten wir nicht mehr auf das Echt­fell gepocht.

Im wei­te­rin Ver­lauf des Schrei­bens meint die BKK für Heil­be­ru­fe, dass sie nur 125,- Euro zu zah­len, da die Spit­zen­ver­bän­de der Kran­ken­kas­sen es so fest­ge­legt haben. Die Kran­ken­kas­se hat dann aber nach unse­ren ers­ten Wider­spruch den Zuschuss auf gute 160,12 Euro erhöht, da die­ser Betrag die Kos­ten für den spe­zi­ell an den Bug­gy ange­pass­ten Schlupf­sack berück­sich­ti­gen wür­de und ein Stan­dard­schlupf­sack für gesun­de Kin­der kos­tet durch­schnitt­lich 165,94 Euro (einen Preis denn wir nicht nach­voll­zie­hen kön­nen, sie­he auch oben: Sozi­al­ge­richt Dres­den). Damit liegt unser Eigen­teil für den Web­pelz nun bei 165,94 Euro (326,06 — 160,12). Dies haben wir jetzt zu tra­gen. Ein Grund für ihre wei­te­re feh­len­de Erhö­hung des Zuschus­ses sei: der Win­ter­schlupf­sack über­neh­me auch die Funk­ti­on der Klei­dung. Ich blei­be da lie­ber bei mei­ner Argu­men­ta­ti­on: Er gleicht den Bewe­gungs­man­gel durch die Behin­de­rung aus, mehr nicht. Denn wenn die Behin­de­rung nicht bestehen wür­de, bräuch­te sie kei­nen Schlupf­sack. Schließ­lich müs­sen wir die Madame auch im Schlupf­sack käl­te­ge­recht anzie­hen, wie jedes ande­re Kind auch. Sie sitzt da nicht nur in Unter­ho­se drin bei minus zehn Grad.

Das ande­re, was mich mit am meis­ten stört, ist, wenn ein Schlupf­sack für 125,- Euro an den Reha­bug­gy pas­sen wür­de, hät­ten wir gar kei­nen Eigen­an­teil zu zah­len. Und das ist für mich der Punkt, wo die Kran­ken­kas­se ihrer Sach­leis­tung nicht gerecht wird. Denn ande­re Schlupf­sä­cke für die­sen Preis pas­sen nicht an den Bug­gy, son­dern nur die spe­zi­ell dazu gehö­ren­den Zuber­hör­tei­le und da kos­tet der Win­ter­schlupf­sack aus Web­pelz eben 326,06 Euro. Viel­leicht ist er ein paar Euro beim ande­ren Händ­ler bil­li­ger, aber es geht hier nicht um ein paar Euro.

Auch bie­tet ein Stan­dard­sack nicht die Vor­rich­tun­gen für die Fix­a­ti­on (Sitz­ho­se, Fuss­fes­seln). Sie müss­ten also noch nach­ge­baut wer­den, was sicher­lich auch gut über die 125,- Euro dann geht. Damit wird die indi­vi­du­el­le Anpas­sung, wel­che bedingt ist durch die Erkran­kung und der Behin­de­rung, zum Luxus, zur Last des Behin­der­ten selbst. Wenn er sich dies nicht leis­ten kann, dann gibt es eben kei­nen Schlupf­sack, kei­ne Teil­ha­be am öffent­li­chen Leben, kein Einkaufsbummel.

Neben die­sen wur­de als wei­te­rer Grund für die feh­len­de wei­te­re Kos­ten­über­nah­me genannt, dass ein Schlupf­sack bis zum voll­ende­ten 3. Lebens­jahr des Kin­des ein Gebrauchts­ge­gen­stand des täg­li­chen Lebens sei. Kann sein, des­halb wären wir mit einem rea­lis­ti­schen Eigen­an­teil um die 50 Euro auch zufrie­den gewe­sen, aber eben nicht mit über 165,- Euro für den Web­pelz oder von über 225,- für das Echt­fell. Auch, da wir zu der Zeit des Antrags noch ALG-II beka­men, und uns nie­mals, also mit einem nicht geh­be­hin­der­ten Kind, einen Sack von über 50 Euro gekauft hät­ten, son­dern die­sen sogar eher aus zwei­ter Hand uns besorgt hätten.

_Fazit:_ Laut dem Schrei­ben wur­den zwei MDK-Gut­ach­ten erstellt, eines sogar mit Haus­be­such (zwar nicht offen­sicht­lich, da die MDK-Ärz­tin es bei der Begut­ach­tung der Pfle­ge­stu­fe abhan­del­te). Da stellt ich mir eher die Fra­ge, auch noch durch den Ver­wal­tungs­akt “Wider­spruchs­aus­schuss”, ob die­ses gan­ze Ver­fah­ren nicht weit­aus mehr gekos­tet hat bis­her als der Win­ter­schlupf­sack aus Echt­fell. Ich sage, bis­her, denn wenn die Kla­ge kommt, die­se ange­nom­men wird vom Sozi­al­ge­richt und bei­de Par­tei­en vor­ge­la­den wer­den (eine kommt aus Düs­sel­dorf) .… Aber schein­bar geht es nicht ums Geld oder doch?

Kate­go­rie: 



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Kommentar

  • Hal­lo DIRKSTR,
    da ich momen­tan die­sel­be Her­aus­for­de­rung wie Sie haben (BKK zahlt ledig­lich 125 Euro für den Win­ter­fuss­sack, wobei der Sack ins­ge­samt 350 Euro kos­tet), kön­nen Sie mir evtl. bzgl. Wider­spruch wei­ter­hel­fen. Gibt es Urtei­le vom Sozi­al­ge­richt diesbezüglich?
    Gruß Mareike

    • Hal­lo Mareike,

      für die 125,-€ soll­te ein “regu­lä­rer” Schlupf­sack erhält­lich sein. Für den Wider­spruch muss begrün­det sein, war­um ein Schlupf­sack not­wen­dig ist für die­sen erhöh­ten Preis. Als not­wen­dig ist der Bedarf zu neh­men, der durch die Krank­heit /​Behin­de­rung ist, also wenn der Schlupf­sack für 125,- € nicht aus­reicht, um die Behin­de­rung auszugleichen.
      Ein teu­re­rer Schlupf­sack kann zum Bei­spiel not­wen­dig wer­den, wenn die­ser durch die Behin­de­rung ange­passt wer­den muss z.B. bei Men­schen mit einer Spas­tik, wo durch den Schlupf­sack noch Fixie­run­gen ange­bracht wer­den müssen.
      Eine ande­re Begrün­dung wäre, wenn z.B. an der indi­vi­du­ell ange­pass­ten Sitz­scha­le kein Stan­dard-Schlupf­sack passt, son­dern nur eine Son­der­an­fer­ti­gung /​ein ange­pass­ter Schlupfsack.

      Also wich­tig sind die Fra­gen im Wider­spruch zu klären:
      Reicht der “Stan­dard­schlupf­sack” für 125€ aus?
      War­um ist ein spe­zi­el­ler Schlupf­sack notwendig?

      In dem Forum reha­kids kann z.B. in die­sem Thread auch das The­ma nach lesen:

      https://​www​.reha​kids​.de/​p​h​p​B​B​2​/​p​t​o​p​i​c​5​8​0​7​2​.​h​tml (even­tu­ell gibt es bei Reha­kids auch über die Suche wei­te­re Beiträge)

      Mit Gruß

by dirkstr

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