Die letzten 72 Stunden und wieder ins Hospiz

Noch knappe zwei Wochen, nein, gute zwei Wochen und dann geht die Fahrt wieder ins Kinder­hos­piz. Diag­nose: insta­bile häus­liche Sit­u­a­tion. Nun, ich weiß, laut der Krankenkasse brauchen wir die Diag­nose: Unser Kind befind­et sich in ihren let­zten 72 Stun­den des Lebens. Zumin­d­est wird so im Schreiben vom MDK die Final­phase begren­zt und da laut der Krankenkasse nur in der Final­phase Hos­pizpflege bezahlt wird, gibt es somit sicher­lich auch für diesen Aufen­thalt keine Kostenübernahme.

Trotz­dem, die Anträge sind ein­gere­icht und jet­zt warten wir mal auf die Ablehnung. Auf unseren Wider­spruch zur Ablehnung der Hos­pizpflege in Düs­sel­dorf haben sie sich immer noch nicht geäußert. Dabei bin ich mir noch nicht sich­er, ob ich nun nach­fra­gen soll oder nicht. Doch kom­men wir zu den 72 Stun­den zurück. Laut meines Ver­ständ­nis vom Rah­men­ver­trag für die Hos­pizpflege (und dem dazu gehöri­gen Gesetz) gibt es diese Begren­zung nicht. Doch bedeu­tend für diese Aus­sage ist eher: Wenn wir kein Einzelfall sind, dann würde oder wer­den die Hos­pize in Deutsch­land wieder zu machen kön­nen. Denn zum einen ist nicht jed­er Ster­bende in der Final­phase trans­port­fähig, um ins Hos­piz zu fahren, zum anderen lässt sich ein solch­es Haus mit den geset­zlichen Anforderun­gen nicht finanzieren, wenn sie nur ab den let­zten 72 Stun­den des Lebens die Kosten bezahlt bekom­men und der schw­erkranke Men­sch schon vorher die Pal­lia­tiv­be­treu­ung in Anspruch nehmen möchte.

Aber eine Pal­lia­tivver­sorgung vor dem aller­let­zten Schritt ist notwendig und darum geht es auch bei uns. Denn diese inter­diszi­plinäre Ver­sorgung ist eine Auf­gabe der Hos­pize, um die best­mögliche Leben­squal­ität in der insta­bilen Lebenssi­t­u­a­tion für die noch zu erwarte­tenden Lebens­monat­en wieder herzustellen, um so ein men­schen­würdi­ges Leben bis zum Tod zu ermöglichen. Dabei geht ger­ade heute mein Blick auf Frankre­ich, wo die pas­sive Ster­be­hil­fe aus­geweit­et wer­den soll durch einen medi­en­wirk­samen Todes­fall. Eine Diskus­sion, die wir 2007 schon in Deutsch­land hat­ten durch einen “Dien­stleis­ter”, der aktive Ster­be­hil­fe anbi­etet und so für Aufre­gung sorgt(e). Bemerkenswert ist in dieser Diskus­sio­nen, dass es um Leben­squal­ität und Schmerzen geht in der let­zten Leben­sphase von Schwerkranken.

Mit ein­er guten Pal­lia­tivver­sorgung, die ambu­lante und sta­tionäre Hos­piz­di­en­ste anbi­eten, lässt sich auch in der Pal­lia­tivphase wieder Leben­squal­ität her­stellen. Zum einen lassen sich Schmerzen heute sehr gut behan­deln wie mit Mor­phin­derivat­en, Anti­de­pres­si­va. Natür­lich gibt es noch Verbesserun­gen, wie die Zulas­sung von Haschisch-Derivat­en für Schw­erkranke. Zum anderen ist es die seel­is­che und geistige Unter­stützung, die den Kranken wieder den Mut geben für den let­zten Weg, wie auch ein­er Pflege, die sich an die Bedürfnisse des Men­schen ori­en­tiert. Doch in dieser ganzen Diskus­sion um Ster­be­hil­fe und Hos­piz fehlt mir noch die richtige Aufk­lärung, was lebensver­längernde und was lebensverbessernde Maß­nah­men sind. Ein Beispiel ist das Tra­cheostoma und die Beat­mung. Bei­de Punk­te, Ver­längerung und Leben­squal­ität, tre­f­fen hier aufeinan­der. Aber man kann darüber nur im Einzelfall abwä­gen, mit Blick auf die Leben­squal­ität und dies funk­tion­iert am besten mit spezial­isierten Pal­lia­tivmedi­zin­er und ‑Pflegekräfte, wie sie in den Hos­pizen vor­rangig arbeiten. 

Und wirtschaftlich? Nun, dür­fen wir wirtschaftlich in diesem Bere­ich denken, da die aktive Ster­be­hil­fe oder der selb­st­gewählte Fre­itod doch sicher­lich kostengün­stiger ist. Wir dür­fen, denn so wird uns klar, wofür in der Gesellschaft über­all Gelder vorhan­den sind. Diese Diskus­sion, ob wir uns das Ster­ben und ein Leben mit schw­er­er Erkrankung leis­ten kön­nen und wollen, kennze­ich­net unsere Human­ität im Umgang mit den anderen und den ängstlichen Umgang mit dem Ster­ben. Dies, ins­beson­dere wenn der Tod nicht ad hoc wie beim Herz­in­farkt mit­ten ins Leben tritt. Er oder sie hat nicht gelit­ten, heißt es da aufatmend.

Kat­e­gorie: 



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