Behinderte Kind: Eingeschränkt im Leben?

“Seine Entwick­lung ist zwar gegenüber anderen Kindern gle­ichen Alters verzögert, seine Eltern sind bish­er nicht viel eingeschränk­ter als Eltern von gesun­den Kindern.” aus SZON: “Unter­suchung hält Schick­sal nicht auf” vom 05.01.2009.

Dieser Satz, in einem lesenswerten Artikel der Schwäbis­chen Zeitung, gibt mir sehr zu denken. Nun, ich ver­nahm öfters die Aus­sagen von Eltern mit behin­derten Kind, dass sie sich selb­st als behin­dert sehen. Sicher­lich, man erlebt im All­t­ag die fehlende Bar­ri­ere­frei­heit auf seine Weise, eben dass man mit dem Kind nicht über­all hin und nicht an vie­len Din­gen für ver­meintlich gesunde Kinder teil­haben kann. Dies begin­nt mit der Wahl des Kinder­gartens oder dem Spielplatz.

Aber ist man als Eltern wirk­lich eingeschränk­ter, wenn man ein behin­dertes Kind hat? Für die Eltern selb­st hat sich doch vom kör­per­lichen und geisti­gen, hofft man zumin­d­est, mit der Geburt oder dem Beginn der Erkrankung vom Kind in Rich­tung “eingeschränkt” nichts geän­dert. Sicher­lich, es ist etwas an dem Wort “eingeschränkt” dran, aber viel mag ich es ein­fach nicht, da es neg­a­tiv klingt, als würde man nur in einem schwarz-weiß Muster leben und ein Leben mit einem schw­er kranken oder behin­derten Kind wäre halt immer auf der schlecht­en, der schwarzen Seite. Ist es aber nicht. 

Das Leben, es hat, so wie bei uns heute, viele Krisen­zeit­en, die einen runter ziehen, man hat mit Bar­ri­eren zu kämpfen, die nicht nur physikalisch sind, son­dern sich auch durch Behör­den oder dem Umfeld bes­tim­men. Das Leben ist anders, genau­so wie ein Leben mit einem Kind an sich anders ist als wenn man kinder­los durch die Welt stiefelt. Aber ich füh­le mich nicht eingeschränkt. Ich füh­le mich belastet durch die Sit­u­a­tion, ich füh­le mich an meinen Gren­zen, ständig, wie in der jet­zi­gen Krise, mit der Frage kon­fron­tiert, ob diese heutige Nicht-ordentlich-Aufwach-phase, auch ein Abschied aus dem Leben sein kann. Was ist, wenn ja? Trotz­dem kann ich mich frei von A nach B bewe­gen, muss nicht erst den Mobil­itätsser­vice der Bahn anrufen wenn ich allein ver­reisen möchte oder bei der Post an der Tür klin­geln, um in aller Öffentlichkeit mein Paket aufgeben zu kön­nen, als sei man etwas beson­deres, ste­he außer­halb der Gesellschaft.

Doch wiederum kann ich nicht ein­fach Abends auf eine Par­ty bis zum näch­sten Mor­gen gehen, eben weil ich ein Kind habe. Ein Kind, wie auch das Beruf­sleben, es schränkt das Leben an eini­gen Eck­en ein, doch man gewin­nt auch. Dabei ist vielle­icht eher die Frage, ob die Ein­schränkung, schon wieder dieses Wort, an sich mein Wohlbefind­en min­dert oder nicht. Denn so kann der Verzicht, ein dafür besseres, weil aktives Wort, auch das Wohl­sein steigern, da die eigene Per­sön­lichkeit daran wächst. Auch bietet das Leben mit einem behin­derten Kind Chan­cen, man mag es nicht glauben. Denn wenn eine Ein­schränkung zu einem “bewussten” Verzicht wird, so wurde mir deut­lich, was mir wichtig ist im Leben, was fehlt mir in der jet­zi­gen Lebenssi­t­u­a­tion wirk­lich. Und doch, es gibt auch eine Ein­schränkung, die eben dann auftritt, wenn die kör­per­lichen und seel­is­chen Belas­tun­gen mit einem behin­derten oder kranken Kind über einen sich tür­men und man selb­st kein Land mehr sieht, nicht mehr weiß, wie man noch atmen kann. Wenn man dann eines Tages nicht mehr auf­ste­hen kann, da man kraft­los ist, ist dies nicht ver­wun­der­lich und man hofft jeden Tag, es trifft einem nicht.

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