So hieß es gestern in der Kinderarztpraxis, welche die nächste Woche Betriebsurlaub macht. Der Satz prägte sich tief ein, wurde gleich aktiviert am Morgen, als die Madame immer wieder ihre Hände gegen den Button, die Magensonde, schlägt, dran zieht und aufschreit und wieder dran zieht, aufschreit und dabei noch Spastiken einschießen in die Beine. Doch wie schützt man das Kind vor dem sich selbst verletzen, wenn man schon beide Hände voll zu tun hat mit der morgendlichen Pflege. Daneben gesellt sich die Frage, warum hat es diesen Ärger mit den Button?
Um die Antwort zu finden, muss ich auf den gestrigen Abend verweisen. Der Schlauch, worüber wir die Nahrung geben, hielt nicht mehr im Button. Dies hieß: Der alte Button muss raus und ein neuer muss rein. Also der Button wurde gezogen aus dem Loch, auch Stoma genannt, in der Bauchdecke zum Magen hin und ein anderer eingesetzt, was in innerhalb von fünf Minuten vorbei war. Die Madame war die Zeit über tapfer und kam danach auch gut in den Schlaf. Doch war uns schon länger aufgefallen, dass der aktuelle Button, und dessen Ersatz, wahrscheinlich ein Stück zu eng ist. Was heißt, er drückt das Stoma, also das Loch zwischen Magen und Bauchdecke, ein wenig zu sehr zusammen. Dies bereitet schmerzen, die heute morgen scheinbar wieder akut wurden. Dies wäre also das Warum sich die Madame immer selbst an der Magensonde zog und weinte. Meine erste Maßnahme war, ich holte den Button von gestern wieder raus aus dem Stoma und steckte ihn erneut rein, in der Hoffnung, der Ärger beim Kinde löst sich damit. Doch mit dem war es nicht getan. Erst nachdem ich die Kita für heute abgesagt habe und ihr ein Schmerzmittel gab, kam etwas Ruhe ins IntensivZimmer.
Doch was ist, wenn das Schmerzmittel seine Wirkung verliert? Geht dann der Kampf, das Ärgernis von vorne los? Darauf wollte ich gar nicht warten und hinzu kam mir gleich der Satz in den Kopf: “Wir sind bis um zwölf da.” Der Weg zur Lösung hieß: Sie braucht einen größeren Button. Aber wie? Tipp eins: Rufe in der Kinderklinik an und frage mal nach, ob die was haben. Doch dies war ohne Erfolg und somit kam Tipp zwei durchs Telefon zu mir: Rufe das Ernährungsteam der Uniklinik an. Getan und nach vier Versuchen hatte ich auch die richtige Person kontaktiert mit dem Ergebnis: Wir sollen sofort in die Klinik kommen, um dort den Button zu tauschen. Also machte ich das Kind schnell “ausgeh” fertig, was hieß, nach einer dreiviertel Stunde marschierten wir, sie im Buggy, vom Hause weg.
In der Klinik wurde dann nach einer kurzen Begutachtung, nach einem Hin und Her im Sagen, der Button gezogen und gegen einen größeren getauscht. Das war es und es ging wieder nach Hause, vor um zwölf, eine viertel Stunde davor. Und brauchen wir noch was? Nein, war meine Antwort und als wir dann in unseren eigenen Wänden waren, hieß dann das Thema vom Kind nicht mehr Button, sondern: Jetzt ziehe ich mir die Kanüle, damit ich weiterhin was zum ärgern hab. Sie zog sich diese nicht nur einmal aus dem Luftröhrenschnitt. Nein, das wäre ja … Wie auch immer, ich konnte mich eine gute Zeit lang überhaupt nicht von ihr weg drehen, die Augen von ihr lassen. Immer wieder gingen die Händen zur Kanüle hin.
Der neue Button, da schien jetzt alles okay zu sein, denn er interessierte nicht mehr. Nach einiger Zeit entspannte sich die Lage um den Kampfpunkt Tracheostoma dann doch. Aber bitte nicht denken, die Waffen, also die Hände, werden jetzt für friedliche Aufgaben genutzt oder abeglegt. Sie ruhten nur kurz und gingen dann eine Etage höher an den Kopf. Dort wickelten die Finger in die Haare, einzelne Strähnen um sie und dann wollte die Hand weg vom Kopf, was aber mit den ganzen Haaren um den Fingern nicht ging. Dabei war ich einmal nicht schnell genug und der Ärger so groß wurde, weil sie die Hand unbedingt aus den Haaren heraus haben wollte. Dies ging eben nicht, wodurch sie sich am Ende einen ganzen Büschel Haare aus riss. Aber da der Ärger heute, scheinbar, noch nicht groß genug war, zieht sie sich am späten Nachmittag noch einmal am Button, schmerzhaft, wobei sich sogar der Schlauch öffnete. Das Essen zur Kaffeezeit floss darauf aus dem Magen und breitete sich auf der Couch aus. Denn auch hier war ich nicht schnell genug mit meinen Händen als Eingreiftruppe.
Ziehen, zog, gezogen — Das Wort des Tages. Ich glaub, wenn ich heute nacht nicht davon träume, habe ich irgendwas vom Tag nicht verstanden.